Kurze Ankündigung:.

Hier und in dieser Verlinkung ist einiges nicht haltbar. Z.B. das hier:

Der Zinsanteil in den Preisen der Produkte und Leistungen der Unternehmen ist also weit entfernt von dem, was gelegentlich behauptet wird (40 % usw.!). Würden die Zinsen komplett aus der Kalkulation aller Unternehmen verschwinden, würde eine Ware statt zu 100 zu ca. 99,3 € im Regal stehen.
Zwar stimmen die Zahlen (31,5 Mrd. € Nettozinszahlungen der Unternehmen), aber daraus zu schließen, daß dieser Wert genau der Wert ist, der demjenigen in den Preisen entspricht, ist definitiv falsch. 

Wir haben absolut keine Ahnung wie sich diese Summe in der Lieferkette, und somit in den Preisen, niederschlägt ! Wir können das anhand der Statistik "rückwärts" nicht mehr auseinanderbröseln.

Dies nur mal als erste Erwähnung. Muß ich demnächst alles ein weinig ausführlicher machen.

Irrende Grüße !


GRUNDSÄTZLICHE Betrachtungen zum Thema Zins

Der Zins - wirklich ein Killerzins ?
 

1.) Die Unternehmen

(Ohne Banken und Konzernbilanzen von international tätigen Unternehmen wie z.B. VW, Telekom usw.)
 
 
Die Zahlen (2001):

Gesamtleistung: 3450 Mrd. €
Material: 2223,5 Mrd €, Personalaufwand: 600 Mrd. €,

Nettozinsaufwand: 31,5 Mrd. €


Die Zinsbelastung der Unternehmen wird von der Bundesbank als "winzig" bezeichnet, sofern diese Belastung mit anderen, durch die G+V laufenden Belastungen wie Material, Personal, Abschreibungen, Steuern usw. verglichen wird. Bezogen auf die Gesamtleistung (siehe die Tabelle für 2001) in Höhe von 3450 Mrd. € sind die 31,5 Mrd. € tatsächlich nur ca. 0,9 Prozent.

Der Zinsanteil in den Preisen der Produkte und Leistungen der Unternehmen ist also weit entfernt von dem, was gelegentlich behauptet wird (40 % usw.!). Würden die Zinsen komplett aus der Kalkulation aller Unternehmen verschwinden, würde eine Ware statt zu 100 zu ca. 99,3 € im Regal stehen. 

Verglichen mit dem Jahresergebnis vor Gewinnsteuern sieht es dagegen anders aus. Dieses lag 2001 (siehe Tabelle) bei 95 Mrd., so dass ein Wegfall der Nettozinsbelastung (31,5 Mrd.) dieses um etwa ein Drittel erhöhen würde. Wären die Unternehmen also komplett schulden- und ergo zinszahlungsfrei, würden sie 126,5 Mrd. € vor Steuern verdient haben. 

Quellen und wesentlich ausfürlicher: HIER
 

Weitere Beispiele:

(Bitte beachten das es sich im Folgenden NICHT um den NETTOzinsaufwand handelt, sondern um die reinen Zinsaufwendungen)
 

Daimler-Chrysler-Konzern (alle Zahlen für 2002 in Mrd. €): 

Umsatz: 149,583 

Finanzverbindlichkeiten: 79.112 
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen: 12.342 
Übrige Verbindlichkeiten: 8,843 
Verbindlichkeiten ges.: 100,297 

Aufnahme langfristiger Finanzverbindlichkeiten: 9,964 

Tilgung von Finanzverbindlichkeiten: 17,117 
Gezahlte Zinsen: 3.615 

http://www.daimlerchrysler.de/investor/reports/annual02/download/ar/dcag_geschaeftsbericht2002.pdf 
 

VW  (Mrd. €; erste Zahl für 2002, zweite für 2001):

Umsatzerlöse:  86,948 ;  88,540 
Kreditstand:  -45,602 ;  -42,794 
Aufnahme von Anleihen:  9,285 ;  4,319 
Tilgung von Anleihen:  -1,598 ; -3,232 

Zinsaufwand: -2,275 ; -2,690 

http://www.volkswagen-ir.de/download/Q1_03/vw_gb_2002_dt.pdf
 

Deutsche Telekom 2001 (in Mrd. €):

Umsatz: 48,30 
Finanzverbindlichkeiten gesamt: 67,03 

Gezahlte Zinsen: 4,779 (Vohrjahr 3,100) 

http://www.telekom.de/ipl2/statics/11895/downloads/abschluss_dt.pdf
 

Das sollte langen. Ich laß das mal so im Raum stehen.
 

2.) Die Banken
 

"Gewinn- und Verlustrechnungen der Kreditinstitute" für 2001 (Mrd. €):

Zinserträge: 382,2 
Zinsaufwendungen: 303,07

Zinsüberschuß von 79,14 Mrd. €. 

Bleibt der bei den Banken ?

Nach Abzug diversester Posten -Personalaufwand, Provisionen, Investitionen usw, durch die "der Zinsüberschuß" somit zu mindest z. T. wieder in die "Volkswirtschaft" zurückfließt- bleibt ein Bilanzgewinn aller Banken von insg. 6,57 Mrd. €!! 

Siehe Monatsbericht der BuBa von Sept. 2002 (ab Seite 42)
 

Und was ist nun mit diesen Gewinnen ? Mal abgesehen davon, daß Gewinne generieren der Sinn von "Wirtschaften" ist.


 

Investmentfonds ? Aktien ? Geldanlagen bei Versicherungen ? Und daraus soll dann die Schlußfolgerung sein: "Kein Partizipieren der deutschen Haushalte an den Gewinnen ?"
 

3.) Die privaten Haushalte
 

a) Geldvermögen und Schuldzinsen


 

Zinsaufwendungen und Ertragssaldo

Erheblich stärker expandierten die privaten Schuldzinsen, vor allem wegen der gewachsenen Baufinanzierungen, für die etwa zwei Drittel der gesamten Schuldzinsen aufgebracht werden mußten. Die Stützwirkung des Zinsertragssaldos für die private Einkommens und Ersparnisentwicklung hat damit sogar etwas nachgelassen. Dem absoluten Betrag nach waren die Nettozinserträge 1997 mit rund 74 Mrd DM zwar höher als im ersten Einigungsjahr, gemessen an den Einkommen ergab sich indes ein Rückgang auf etwa 2 1/2%, gegenüber 3% in 1991. 

Beides aus: http://www.bundesbank.de/vo/download/mba/1999/01/199901mba_privverm.pdf
 

b) Ganz kurz zur "Umverteilung der Vermögen"

Vorweg, ja es gibt und gab eine Umverteilung von "unten" nach "oben". (Siehe u.a. "Lebenslagen in Deutschland: Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung von 1998"). Niemand bestreitet dies. Aber:
 

Die Ungleichmäßigkeit der Verteilung des Privatvermögens beruht zu einem erheblichen Teil auf der ungleichmäßigen Einkommensverteilung und auf den unterschiedlichen Positionen der Haushalte im Lebens- und Familienzyklus. Von der Einkommenshöhe hängt die Sparfähigkeit ab, die zusammen mit der Sparneigung das Sparen bestimmt. Das Sparen ergibt neben Erbschaften und Wertzuwächsen die Entwicklung der individuellen Vermögensbestände im Lebensverlauf. 

Quelle: Lebenslagen in Deutschland: Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung von 1998 (Seite 68)

 


 

Daraus folgend am Beispiel der Armut durch Überschuldung:

Arbeitslosigkeit, und damit fehlendes Einkommen, ist logischerweise ein ganz wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang.

Mehr in der Zusammenfassung !
 

4.) Der Staat

Zur Graphik: Sieht das nach einer Exponentialfunktion aus ? 
 

Beispiel Bund für 2001 (Mrd. €):

Erträge/Einnahmen: 193,8
Aufwendungen/Ausgaben: 243,2
"Gewinn": -49,4
Nettozinsaufwendungen: 38,45

(aus Monatsbericht 02.2002, Bundesministerium der Finanzen)
 

Zinszahlungen öffentliche Haushalte gesamt:
 
 
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
Mrd. €
65,91
67,34
68,10
69,74
68,8
68,2
67,8
67,2
(entspricht im großen und ganzen der Nettozinszahlung)
 

http://www.bundesbank.de/vo/download/mb/2003/01/200301mb.pdf
 

5.) Zusammenfassung
 

a) Deutsche Unternehmen bezahlen also ca. 1 % NETTOzinsen, gemessen an ihrer Gesamtleistung.

b) Alle Banken/Kreditinstitute zusammen generieren nach Abzug aller Posten einen Gewinn (incl. bereits vorher eingerechneter Zinsüberschüße) von ca. 6-7 Mrd. €. Hiervon profitieren wiederum die Halter von Investmentfonds, Aktien usw. (Dividenden, Kurssteigerungen etc.).

Bis auf die Gruppe der Landwirte (warum auch immer) fallen hier im Prinzip lediglich die Arbeitslosen als "Nichtprofiteure" heraus (wie oben schon beschrieben). 

c) Unter anderem aus Punkt b) folgend, zeigt die "Zinsbilanz" der privaten Haushalte einen satten Gewinn aus. 

Sieht das alles nach dem "Killerzins" aus ?
 

d) Die vorhandenen Schulden des Bundes/Staates plus die dadurch entstehenden Zinsen sind nichts anderes als entweder Steuern/Abgabenlasten, oder Neuverschuldung, beides in die Zukunft projeziert, denn womit sonst sollen diese "bezahlt" werden. Der Effekt davon ist die "Verteuerung" des einzelnen Arbeitnehmers. Die Folgen wiederum sind vermehrte Entlassungen (siehe Höhe der Personalkosten oben). Aufgefangen wird dies durch unseres Sozialsystem, welches nur mit neuen Schulden finanzierbar ist (Zuschüsse Rentenkasse, GKVs, Arbeitslosengeld/hilfe, Sozialhilfe) usw. usw. 

Dazu eine Graphik:

Zufall ? Selbstverständlich haben noch andere Faktoren Einfluß auf die Arbeitlosigkeit. Aber eine Volkswirtschaft ohne gigantische "Staatverschuldung" kann darauf wesentlich flexibler reagieren.

Durch die ansteigende Zahl von Arbeitlosen ergibt sich in meinen Augen dann auch zwangsläufig eine Umverteilung der Vermögen. Für die dadurch "erzwungene" Neuverschuldung des Staates und dessen Folgen (Zinszahlungen) müssen immer weniger "Arbeitende" sorgen. Gleichzeitig können aber auch immer weniger (Ausfall von Einkommen, da mehr Arbeitlose, Sozialhilfeempfänger usw., "Arme" eben) an den Zinszahlungen des Staates partizipieren, das zugleich aber umso mehr, da immer mehr "Konkurrenten" ausfallen. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer, wobei der absolute "Wohlstand" trotzdem steigen kann.

Zu diesem Punkt abschließend noch zwei Zitate und meine bescheiden Meinung dazu:

Frage: Kannst Du mir einmal, nur einmal ausrechnen, wie ich mit Zins, Zinseszins oder was auch immer reich werden kann, nach Bankgebühren, Einkommenssteuer, Staatsbankrott usw. Und dann gib mir bitte auch noch ein Beispiel eines Reichen der das durch Zinsen geschaffen hat. Reich wird man durch geniale Ideen am Anfang und durch Monopole und Korruption mit politischer Hilfe am Schluss. Microsoft ist nur eines von vielen Beispielen. Willst Du uns wirklich verklickern, dass Bill Gates dank dem Zins reich geworden ist, oder etwas Rockefeller, oder J.P. Morgen oder..oder.oder

Antwort: Klar so wird ursprünglich mal ein vermögen erworben, aber anschließend können "generationen" dann ohne weitere Glanzleistungen davon leben, sprich leistungslose Einkommen.
Es geht darum das sich solche durch gute leistung erworbenen Vermögen nicht von selbst ohne weitere Leistung vermehren. 

http://f23.parsimony.net/forum52169/messages/30902.htm und folgende.
 

Kommentare zur "Antwort":

1.) Das Argument mit den "Generationen" halte ich für gewagt.

2.) 
a) Durch das "Anlegen" des Vermögens in nichtstaatliche Werte (z.B. Unternehmensanleihen) verschaffen diese den Empfängern  Liquidität. Resultat ist die Ermöglichung von zusätzlichen Investitionen, welche in zusätzlichem BIP münden. Also nix "leistungsloses" Einkommen, jedenfalls nicht gesamtwirtschaftlich gesehen.

b) Ist "die Anlage" der Staat, sind wir wieder bei oben beschriebenen "Effekt" (5d). In diesem Fall hat er Recht. DAS sind arbeitslose Einkommen ("....ohne weitere Leistung vermehren."). Wobei wir mit dem Stichwort "Staatsbankrott" wieder zu hier genanntem Punkt 1) zurück müssen. 
 

6. Schlußfolgerung
 

Der Zins. Ja, er hat Einfluß (Gewinne). Ja, er kann vorhandenes Vermögen vergrößern. Aber dies ist weitestgehend unabhängig von der Höhe des Vermögens. Ja, er muß von den Unternehmen erwirtschaftet werden, leider allerdings incl. der Zinszahlungen des Staates, der selbst nichts erwirtschaften kann (bis auf marginale Ausnahmen). Wie denn ? Womit ? 

Spätestens an dieser Stelle muß die Frage erlaubt sein, was die Preise mehr beeinflußt; die ca. 1 % Nettozinszahlungen der deutschen Unternehmen, oder die durch die enorme Verschuldung -ergo Zinszahlungen- der öffentlichen Hand verursachte Abgabenlast, z.B. 14 % Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Mineralölsteuer usw, usw, usw.

Aber selbst wenn ihr dieser Argumentation nicht folgen wollt, schaut euch einfach die nackten Zahlen an. Wo ist da der "Killer" zu erkennen.

Alles in allem ist ein Killerzins nicht in Sicht. Ganz sicher nicht im "nichtstaatlichen" Sektor.

Zitat:
Weil die Volkswirtschaft, die deiner meinung nach "belastet" würde, die Summe aller Sektoren ist, kann sie von sich selbst nicht belastet werden. Außer durch den Staat, der als einziger Sektor immer einen negativen zinssaldo hat. Demnach belasten nur die Staatszinsen die Volkswirtschaft.

http://f23.parsimony.net/forum52169/messages/30972.htm
 

Das Problem ist nicht der Zins an sich, sondern das dahinterstehende Kreditgeldsystem (fiat money usw.) und dessen noch oben "offene" Schuldenskala, incl. aller dadurch verursachten moralischen und wirtschaftlichen Verwerfungen, und das -nicht nur- aber vor allem auf des Staates Seite.


P.S.: Wie schon in der Überschrift gesagt, handelt es sich hierbei um grundsätzliche Überlegungen, in der zwangsläufig nicht alle Einflußfaktoren und Aspekte berücksichtigt werden können (ist sowieso schon zu lang geworden).