Geld, Macht + Wert, Termin + Knappheit


Hi, für mich lassen sich Macht, Wert, Termin und Knappheit am besten im Rahmen eines bankingtheoretischen Modells schlüssig unterbringen:

Bankingtheorie (z.B. v. Bethmann, M. Innes) besagt: jede Geldforderung (mit Fälligkeitstermin) ist Geld, denn sie kann im Prinzip alle Geldfunktionen erfüllen: a) Wertaufbewahrungsmittel; b) Zahlungsmittel (kann an Zahlungs statt weitergereicht werden, wobei eine Forderung weitergereicht und eine vernichtet (erfüllt) wird - wie bei Zahlung einer Rechnung per Überweisung).

Vollstreckbarkeit (Staatsmacht) setze ich voraus. Ohne Vollstreckbarkeit keine Zirkulationsfähigkeit der Forderung. Erst die Sicherheit, die vom Schuldner versprochene Leistung auch erhalten und notfalls einklagen zu können, macht eine Forderung überhaupt zu einem „gegenwärtigen Vermögenswert“, der als Aktivum verbucht werden kann und den Dritte auch dann an Zahlungs statt akzeptieren, wenn sie den Schuldner der Forderung persönlich gar nicht kennen (DeSotos Thema: erst Vollstreckbarkeit, die dokumentierte Eigentumsverhältnisse, Zivilrecht und staatliche Instanzen voraussetzen, die legale Vollstreckbarkeit garantieren und wenn nötig auch durchführen, ermöglicht anonyme Finanztitel, bei denen der Halter/Gläubiger des Papiers den Schuldner nicht unbedingt persönlich kennen muß, um sicher zu sein, daß er die versprochene Leistung auch erhalten wird). In diesem Sinn: ohne Macht / Vollstreckbarkeit institutionelle Voraussetzung für „Wert“ einer Geldforderung – kann man so z.B. auch in Lehrbüchern zum Schuldrecht nachlesen.

Liquiditätsgrad/Zirkulationsfähigkeit hängt dabei vom Grad der Sicherung ab – von der Unterscheidung verschiedener Liquiditätsgrade sehe ich hier der Einfachheit halber zunächst mal ab und unterstelle, daß jede Geldforderung so gut gesichert ist, daß sie zu Zahlungszwecken weitergereicht werden kann und vom jeweiligen Gläubiger auch als Zahlungsmittel akzeptiert wird (in der Praxis: Zentralbankgeld = bestgesicherte Forderung, wenn ZB Noten gegen gute Sicherheiten emittiert).

Soweit zu Macht und Wert, jetzt zur Knappheit: Geldforderungen lauten „auf Geld“ --- d.h. sie müssen zum Fälligkeitstermin mit Geldforderungen späterer Fälligkeit bezahlt werden. Zahlungsvorgang: B bezahlt A´s fällige Forderung mit einer später fälligen Forderung gegen C. Eine Forderung („das Geld“) wurde weitergereicht eine zweite (die zur Zahlung fällige) vernichtet.

Wenn das so ist, ist die Summe aller Guthaben und Forderungen immer = 0. Wo kann da Geld knapp sein? Auf den ersten Blick nirgends. Denn Geld kann nur gegenüber einer Summe fälliger Geldforderungen knapp sein; „Knappheit als solche“, ohne konkreten Bezugspunkt: (knapp gegenüber was / im Vergleich wozu genau?) gibt es nicht (dottore). Zins ändert daran nichts, denn auch Zinsforderungen sind Geldforderungen und haben eine Guthaben- und eine Verbindlichkeitenseite, die sich zu 0 aufaddieren; also kann Zins Geld (in einem solchen bankingtheoretisch angelegten Modell) nicht knapphalten.

Geldknappheit gibt es aber in einer Krise: überdurchschnittlich viele Unternehmen werden zahlungsunfähig und melden Konkurs an. Jede Krisen-/Konjunkturtheorie muß diese Knappheit erklären können.

Wie also läßt sich Geldknappheit dennoch fassen? Auf den ersten Blick nur exogen: durch eine geldknapphaltende Autorität (Staat oder Zentralbank).

Alternativer Lösungsvorschlag (auf Anregung von dottores Hinweis auf die zentrale Bedeutung des Termins für die Knappheit: ): Fälligkeitstermine in Betrachtung einbeziehen und unterscheiden zwischen noch nicht fälligen und JETZT fälligen Forderungen. Noch nicht fällige Forderungen können dem Gläubiger alle 3 Geldfunktionen erfüllen (Wertaufbewahrung, Zahlungsmittel, Tauschmittel). Jetzt fällige Forderungen dagegen setzen voraus, daß in der Zwischenzeit (per Verschuldung) später fällige Forderungen entstanden sind, mit denen die früher fälligen bezahlt werden können.

Werden die später fälligen Forderungen gegenüber den jetzt fälligen Forderungen knapp, z.B. weil der Verschuldungsprozess (Boom) ins Stocken geraten ist, Gläubiger (Halter später fälliger Forderungen) sich entschließen, diese bis zum Fälligkeitstermin zu halten statt damit einzukaufen (=früher fällige Forderungen zu erfüllen/vernichten) oder wenn plötzlich auf einen Schlag viele Forderungen fällig werden, werden die Schuldner der jetzt fälligen Forderungen zahlungsunfähig. Für sie ist „Geld knapp“ – gegenüber den jetzt fälligen Forderungen.

Anders gesagt: wenn wir den Termin - die Fälligkeit der Forderungen - in die Betrachtung einbeziehen, gewinnen wir durch die Unterscheidung "jetzt fällig vs. später fällig" auch im Rahmen eines bankingtheoretischen Geldbegriffs einen Bezugspunkt für die "Knappheit" von Geld -- trotz der Tatsache, daß die Summe aller Guthaben und Verbindlichkeiten immer =0 ist.

Wie macht diese Knappheit Geld „wertvoller“? Wenn Geld (wie in der Krise) knapp wird, wird es für die Unternehmen schwieriger, ihre Waren zu den kalkulierten Preisen abzusetzen. Die Geldknappheit erzeugt Preisdruck, die Unternehmen senken ihre Preise. Das sieht aus, als ob der Geldwert steigen würde (weil derselbe Geldbetrag jetzt eine größere Warenmenge kauft). Umgekehrter Prozess im Boom: später fällige Forderungen werden im Verhältnis zu aktuell fälligen überschüssig --- „Geldüberfluß“ mit Infla-Tendenz (Unternehmen erwarten höhere Gewinne + kalkulieren diese in die Preise ein, Ergebnis ist Preissteigerung, sieht wie Geldentwertung aus, da derselbe Geldbetrag zu den neuen Preisen jetzt eine kleinere Warenmenge kauft).

Dieser bankingtheoretische Lösungsansatz kommt ohne exogene Institution (Staat, Zentralbank) aus, die Geld willkürlich knapphält. Geldknappheit (genauso wie relativer Geldüberschuß im Boom) ist hier Ergebnis der Entscheidungen der Marktteilnehmer, sich zu verschulden (und in welcher Höhe) oder eben nicht (dann irgendwann Geldknappheit+Krise).

Diese Lösung impliziert auch, daß nicht irgendein Zins für Geldknappheit verantwortlich ist und daher ein Zinsverbot die Möglichkeit der Geldknappheit nicht aus der Welt schaffen könnte. Auch ohne Zins gäbe es eine Konjunktur mit Boom+Krise.


http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/325225.htm

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Diesbezüglich bitte ich auch noch darum, hier einen Blick reinzuwerfen: "BRD/Bund - Bruttokreditaufnahmen nach Laufzeitklassen"
 


www.miprox.de