MARSCH'S GESAMMELTE WERKE

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Schulden "weginflationieren" -- Wie geht das?

 Ein kurzer Abriß zum Thema!

 "Anstoß" für die folgenden "Erklärungen" gab mir ein Artikel eines Herrn Jochen Steffens vom Investor Verlag, der da lautet: »Staatschulden sind keine Privatschulden«. An dieser Stelle beschränke ich mich lediglich auf Kommentare zur »Inflation«. Meine vollständige Stellungnahme, zum gesamten Artikel, könnt ihr bei Interesse black01_next.gifHIER nachlesen!
Also, los geht's!!

 

[...]
Hinzu kommt noch die Inflation
Doch auch das ist noch nicht alles. Die Verzinsung liegt zum Beispiel aktuell in der Nähe der Inflationsrate. Das bedeutet, der Staat verzinst seine Schulden auch nur zu einem geringen Bruchteil (50 %) der Zinsen, die auf dem Papier stehen. Der Rest wird durch die Geldentwertung aufgefressen.

Hmmm, wenn ich das richtig verstehe, bedeutet diese Formulierung nichts anderes, als die "abgespeckte" Version von »Über eine Inflationierung kann sich ein Staat entschulden.« (>>) oder auch »Natürlich können Sie einen Staat über die Notenpresse entschulden,...« (>>). Offensichtlich ist diesem irrigen, "legendenbildenden" Denkfehler einfach nicht beizukommen!!. Der sitzt fest, wie die berühmte Zecke am Ar.... Beides penetrant anhaftend und nicht klein zu kriegen, aber völlig überflüssig und fehl am Platze!!

Also, mal sehen! Ich versuch's nochmal!! Ich denke, das tut Not, sozusagen .

Zunächst mal zur Inflation selbst (lassen wir etwaige "Berechnungstricksereien" mal beiseite, obwohl diese natürlich Einfluß ausüben -- gerade in jüngster Zeit!)

Inflation entsteht nicht im luftleeren Raum. Sie ist nicht einfach so da -- quasi als Naturgesetz. Um die Richtung zu verdeutlichen, wird's jetzt etwas kompliziert und umfangreich. Muß aber einfach mal sein!! 

 

 

(Alles inländisch BRD)

Preisindex
("Inflation")
(>>)

Verschuldung öffentliche Haushalte

Prozentualer Anteil der Verschuldung der öffentl. Haushalte am Gesamt-
schuldenzuwachs BRD

Veränderung gegenüber Vorjahr [%]

 [%]

1969 1,9 0,7 1,9
1970 3,4 6,8 17,8
1971 5,3 11,5 23,0
1972 5,5 11,2 20,3
1973 6,9 7,5 22,6
1974 7,0 14,7 48,0
1975 6,0 33,3 76,0
1976 4,3 15,7 44,1
1977 3,7 10,7 37,7
1978 2,7 12,9 39,6
1979 4,1 11,6 32,7
1980 5,4 13,2 12,7
1981 6,3 16,4 48,4
1982 5,3 12,7 52,1
1983 3,3 9,3 38,9
1984 2,4 6,8 34,8
1985 2,0 6,0 30,0
1986 -0,1 5,4 38,2
1987 0,2 6,0 48,7
1988 1,3 6,4 38,1
1989 2,8 2,9 16,9
1990 2,7 13,4 27,0
1991 3,6 11,4 34,4
1992 5,0 14,6 46,5
1993 4,5 12,0 45,0
1994 2,7 10,2 49,2
1995 1,7 20,1 65,9
1996 1,4 6,7 35,6
1997 1,9 4,4 17,8
1998 1,0 2,7 17,1
1999 0,6 2,9 17,9
2000 1,9 1,0 9,3
2001 2,0 1,0 24,4
2002 1,4 4,4 139,7
2003 1,1 6,3 100,6
2004 1,6 5,3 117,2
2005 2,0 4,1 75,74

Nach ein bißchen Rechnerei konnte ich nebenstehende Tabelle erarbeiten. Was sehen wir?

1.) Sehr hohe Inflationsraten (Spalte Preisindex, rote Zahlen, gegenüber Vorjahr) fallen häufig mit einer starken Zunahme (3. Spalte, rote Zahlen, gegenüber Vorjahr) der Verschuldung der öffentlichen Haushalte zusammen.
Berechtigterweise könnte nun die Argumentation lauten, daß dies auch durch eine gleichzeitige, starke zusätzliche Kreditaufnahme (Verschuldung) der privaten (Unternehmen usw) zustande kommen könnte. Deshalb...

2.) ...habe ich in der ganz rechten Spalte noch zusätzlich den Anteil der Zusatzverschuldung der öffentlichen Haushalte an dem Gesamtschuldenzuwachs der BRD eingetragen, wodurch die Überprüfung dieses Aspektes möglich wird.

Es wird sehr schön deutlich, daß absolut sehr hohe Inflationsraten und starke Sprünge derselben gegenüber dem Vorjahr, nur dann zustande kommen, wenn beide "Phänomene" zusammenfallen. Sprich, nur wenn sich der Staat stark zusätzlich verschuldet und diese Verschuldung einen großen Anteil der zusätzlichen Gesamtverschuldung der BRD ausmacht (die Privaten sich demnach, relativ gesehen, wenig  verschulden), ergeben sich sehr hohe Inflationsraten.1

Um an dieser Stelle nicht zu langatmig zu werden und zum eigentlich springenden Punkt zu kommen, folgt einfach mal der Schlüsselsatz, der die Sache prägnant zusammenfasst (wer ausgiebiger nachschauen will, kann dies black01_next.gifhier oder -kürzer- black01_next.gifhier tun)...

»Denn ein Schuldner, der zwar Schulden machen darf, der aber anschließend nicht zur Leistung zu zwingen ist, muß das Preisniveau inflationieren. Daher kann es in einer freien Wirtschaft immer nur eine Inflationsquelle geben: den Staat.«

 ...und dem es im Grunde nichts hinzuzufügen gibt, außer der dringenden Bitte, dies im Hinterkopf zu behalten.

Ganz interessant wird diese Feststellung u.a. bei Betrachtung der Jahre 2002-2004 in der Tabelle. In der ganz rechten Spalte (hellrote Zahlen) können wir sehen, daß die zusätzliche Kreditaufnahme der privaten in diesen Jahren negativ war (also rückläufig, unter Null), respektive der Staat der einzige war, der sich zusätzlich verschuldet hat. Und siehe da, wir können trotz der gänzlich fehlenden privaten Kreditaufnahme Inflation feststellen.

Wie gesagt, behaltet dies für die folgenden Betrachtungen bitte im Kopf!!!!

1Natürlich gibt es im "Normalfall" einen ständigen Mix aus allem Möglichen und in alle Richtungen, weshalb die Inflationsraten mal so mal so ausfallen. Nicht zu vergessen das Ausland etc... Außerdem gibt es den Fall "der Staat nimmt gar keine Schulden auf" schlicht nicht, weshalb sich Inflation immer ergibt!!. Alles in allem passt das aber schon ziemlich gut, denke ich!

 

 

 

 

 

 

 

zusätzliche Staatsverschuldung

 

 

 

 

 

 

 

 

 <<<

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

vorhandene
Staatsverschuldung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 "auffressende" Inflation
=Geldentwertung

 

Und nun zu "Schulden auffressen durch Geldentwertung" (Folgende Metapher bitte nicht allzu wörtlich nehmen und/oder überkritisch hinterfragen. Es soll lediglich ein wenig als Vorstellungshilfe dienen! Vielleicht hilft's einigen, vielleicht auch nicht! Bemüht hab ich mich jedenfalls )

Stellen wir uns zunächst mal einen Behälter vor (siehe rechts!!), der zum Teil mit Wasser gefüllt ist (=vorhandene Staatsverschuldung), der unten ein Loch hat, aus dem das Wasser (=Staatsverschuldung) herausfließt (=mengenreduzierende Inflation), und zudem oben einen Zulauf besitzt, durch den ständig mehr Wasser befüllt wird (=zusätzliche Staatsverschuldung). Nun leuchtet ein, daß die Menge der unten austretende Wassermenge direkt abhängig ist, von der Wassersäule (=Wasserdruck) die darüber steht (bitte an oben erinnern).
Nun, die einzige Möglichkeit den Ausfluß der mengenreduzierenden Wassermenge durch das Loch zu erhöhen (=Erhöhung der Inflation), besteht in der Steigerung des anstehenden Wasserdrucks!! Sprich, im Bild muß die vorhandene Staatsverschuldung angehoben werden (=höhere Wassersäule = höherer Wasserdruck). Dies kann aber selbstredend und logischerweise nur durch zusätzliche Staatsverschuldung geschehen. Gesagt, gemacht...
Damit fließt nun zwar wesentlich mehr Wasser unten heraus (die Inflation liegt deutlich höher) -- Ziel erreicht!! --, gleichzeitig ist aber dummerweise eben auch die vorhandene Staatsverschuldung gestiegen!
Ihr versteht, wohin "die Reise" geht. Ich kann nicht durch einbringen von immer mehr Wasser in den Behälter, eben genau dieses selbe Wasser dazu bringen, den Behälter schneller zu verlassen!! Ein Ding der Unmöglichkeit!!

"Übersetzt" heißt das nichts anderes, als daß die Folge der Ursache unmöglich dazu herangezogen werden kann, die Ursache selbst zu bekämpfen, da es die Folge ohne die Ursache überhaupt nicht geben kann . Der Verwirrung langer Rede kurzer Sinn , übertragen auf die Inflation etc. müssen wir folgendes konstatieren:

Niemals kann die Erhöhung der Inflation (»Geldentwertung«) durch noch mehr Staatsschulden (und nur damit ginge es!!!) die Staatsschulden selbst verringern (»auffressen«). Wie zum Teufel, sollen mit mehr Schulden, Schulden abgebaut werden? Mit anderen Worten:

Vor allem die Vorstellung, daß sich der Staat durch Inflation »entschulden« könne, ist albern. Denn Inflation ist bekanntlich nur durch immer mehr und immer höhere Schulden möglich. Also müßte der Staat immer mehr Schulden machen, um (»Entschuldung durch Inflation«) schließlich immer weniger Schulden zu haben. Auf diesen Denkfehler, der immer wieder aufgetischt wird, habe ich bereits im CRASH-Buch hingewiesen. (>>)

Noch ein paar weitere, erklärende Anmerkungen dazu:

Durch eine durch zusätzliche Neukreditaufnahme generierte Inflation werden immer nur die "Altbestände", die bereits vorhandenen "Geldmittel", entwertet, keinsten Falls aber die inflationsauslösende Neuverschuldung selbst. Denn diese (die Neuverschuldung) wird ja immer im gerade aktuellen "Geldwert" aufgenommen und kann ihre inflationierende Wirkung natürlich erst "später" entfalten!! Sie kann sich nicht selbst entwerten -- quasi im Augenblick der Verschuldungsaufnahme!!
D.h., zwar werden die alten Staatsschulden gewissermaßen "entwertet", aber nur zum Preis von noch "unentwerteten" neuen Schulden, die ihrerseits erst durch neue Schulden "entwertet" werden müssen, die dann wiederum nur durch neue Schulden "entwertet" werden können, die.............usw, usf, etc. pp. ==> The sky is the limit!!

Aus der dadurch abzuleitenden, immer weiter steigenden Staatsverschuldung, folgt aber auch: Die "Inflationierung" lässt peu a peu nach (siehe prinzipiell black01_next.gifTsatsiki-Effekt). Je mehr Kredite nur noch zur Bedienung alter genommen werden (müssen), desto geringer ist deren "reale" Wirkung. Oder anders herum: Um im Laufe der Zeit eine gleichhohe "Entwertung" hinzubekommen, müssen immer höhere "Schuldenblöcke" aufgenommen werden. Von Entschuldung kann also keine Rede sein!!

Ein zusätzlicher Aspekt sollte keinesfalls unter den Tisch gefallen lassen werden. Argumentationsketten, wie die hiesige des Hr. Steffens, gehen kommischerweise immer nur in die eine Richtung!!! Er schreibt weiter oben:
»Diese Zinserträge werden dann auf vielfältige Art und Weise teilweise mehrfach besteuert (!!)....«
In dem Wort »besteuert« liegt die logische Lücke der eindimensionalen Sichtweise. Denn seltsamerweise wird kein Wort darüber verloren, daß auch die Abgaben an den Staat, die Steuern, dem selben Wertverlust unterworfen sind, wie die angeblich "auffressbaren" Staatsschulden!!! Unter anderem dieser Umstand mündet dann in regelmäßigen Zwangsabgaben- bzw. Steuererhöhungen!! Ein Punkt, der irgendwie nie Erwähnung findet! Ich frage mich, warum wohl???

Kurz gesagt, die gewählte Frage der Überschrift muß mit einem eindeutigen »es geht gar nicht« beantwortet werden!!

Abschließend möchte ich Herrn Steffens beim Wort nehmen und seine im Weiteren getätigte Aussage »Vielleicht sehen Sie nun Staatschulden mit etwas anderen Augen.« absolut bejahen. Das tun wir -- oder zumindest ich!!! Nur eben nicht mit der zu Manipulationszwecken absichtlich aufgesetzten rosaroten Staatsbrille, sondern mit der, der Realität!!!