Transatlantic Business Dialogue
 
 

Der TRANSATLANTIC BUSINESS DIALOGUE (TABD)

Nach dem EUROPEAN ROUND TABLE OF INDUSTRIALISTS ( ERT) (vgl. Infobrief 4) [siehe auch: "Macht und Ideologie in Europa: Wie die EU regiert wird"] und der UNION OF INDUSTRIAL AND EMPLOYERS' CONFEDERATION OF EUROPE (UNICE) (vgl. Infobrief 5) möchten wir unseren Lesern heute einen dritten Lobbyverband vorstellen, der in Brüssel die Interessen der großen europäischen Konzerne, der Euro-Players, vertritt. Wie der Name jedoch schon klarmacht, geht es dem TRANSATANTIC BUSINESS DIALOGUE (TABD) nicht nur um europäische Industrieinteressen, sondern ebenfalls um die US-amerikanischer und kanadischer Konzerne. Außerdem findet dieser "Dialog" zwischen den Vertretern der größten transnationalen Konzerne und den jeweiligen Regierungsvertretern diesseits und jenseits des Atlantik und vor allem mit dem Handelskommissar der Europäischen Kommission statt. Dieser bestimmt ja maßgeblich die europäische Handels- und Wirtschaftspolitik. Die Initiative zur Gründung des TABD ging 1995 von dem damaligen Vizepräsidenten und Handelskommissar der Europäischen Kommission, Sir Leon Brittan, dem Industrie-Kommissar Martin Bangemann und dem US-amerikanischen Wirtschaftsministerium aus. Auch der ERT war eine treibende Kraft zur Gründung des TABD. Es ist interessant, wie Sir Leon Brittan die Notwendigkeit des TABD begründet: " Da Firmen und Finanzinstitute immer größere Spieler werden, müssen sie sich auch ihrer politischen Verantwortung bewusst werden. Wir sollten weiterhin neue Wege überprüfen, wie die Führer des privaten Sektors in die Diskussion um die Prioritäten der internationalen ökonomischen Politik einbezogen werden können. Ein Forum, wo dieses mit Erfolg praktisch umgesetzt werden kann, ist der TABD" (Balanya u.a.2000S.103). Ähnlich wie im ERT sind auch im TABD die Chefs der größten europäischen Konzerne versammelt: Jan Timmers von Phillips, Jürgen Schrempp von Daimler -Chrysler, Jerome Monod von Suez Lyonnaise des Eaux waren Vorsitzende dieses Clubs, ferner sind Bayer, Asea Brown Bovery (ABB), Bertelsmann, Ericsson, ICI, Olivetti, Pirelli, Siemens, Solvay, Unilever und andere dort vertreten. Auf der anderen Seite des Atlantiks sind Boeing, Enron, Federal Express, Ford, IBM,Motorola, Nokia, Pfizer, Procter & Gamble Time Warner,Westinghouse und Xerox Mitglied im TABD. Die im TABD versammelten Konzernchefs setzten sich das Ziel, zusammen mit den USA die europäischen Regierungen so unter Druck zu setzen, dass sie noch bestehende Regelungen, die dem Freihandel im Wege standen, so weit wie möglich abbauen würden. In der "Chicago Erklärung des TABD" von 1996 wird als das Ziel des TABD angegeben " einen echten transatlantischen Marktplatz dadurch zu schaffen, dass durch einen Aktionsplan Hemmnisse abgebaut werden, die den freien Handel und den Fluss von Investitionen quer über den Atlantik behindern" (Balanya u.a. 2000, S.104).
 

Die Mitglieder des TABD arbeiten an spezifischen Arbeitsschwerpunkten, z.B Bio-Industrie, Zertifizierung, die Vorbereitung der WTO-Konferenzen. Immer geht es darum, den transatlantischen Freihandel zu befördern.

Zu diesem Zwecke wurde 1998 auch ein weiteres transatlantisches Freihandelsabkommen von Sir Leon vorgeschlagen , das vom TABD unterstützt wurde, der Transatlantic Marketplace - TNM. Wie das MAI scheiterte auch der TNM am entschiedenen Widerspruch der Franzosen, die ihre Kulturindustrie nicht der freien Konkurrenz mit Holliwood und den USA aussetzen wollten. Danach wurde das Kind ein wenig umbenannt und heißt jetzt Transatlantic Economic Partnership - TEP. Das TEP verfolgt im Grunde die gleichen Ziele wie das MAI, nur beschränkt auf den transatlantischen Handel: d.h. Abbau aller protektionistischen Schranken für Handel und Investitionen. Das TEP sorgt z.B. dafür, das hormonbehandeltes amerikanisches Rindfleisch, genetisch manipuliertes Soja und andere Nahrungsmittel frei in die EU importiert werden dürfen. Um Besorgnisse von Verbraucher- und Umweltschützern zu beruhigen, lädt das TEP entsprechende Organisationen auch zu sogenannten Dialogen ein. Diese dienen jedoch, wie die Autoren von "EUROPE INC" schreiben, eher der Legitimierung des TEP als wirklichem Schutz der Umwelt und der Menschen. 
 

Der "Dialog" zwischen den Konzernchefs und den Regierungschefs findet auf regelmäßigen Treffen statt. Auf diesen Treffen legt der TABD den Politikern die Wunschliste der europäischen und nordamerikanischen Konzerne vor, die diese bei ihren Gipfeltreffen - z.B. den EU-Gipfeln oder den G 7 -Gipfeln aber auch bei ihrer nationalen Politik beachten sollen. So traf sich der TABD z.B. vor dem Kölner G7-Gipfel 1999 mit europäischen Regierungschefs in Berlin. Dort legte er ihnen u.a. die Forderungen der Industrie in bezug auf Aufhebung der Beschränkungen beim Export von militärisch und zivil nutzbaren (double use) Gütern vor. Die meisten Forderungen des TABD wurden bisher von den Politikern erfüllt. Ein amerikanischer Regierungsvertreter sagte, dass etwa 80 Prozent der TABD-Empfehlungen von den EU und US Regierungen akzeptiert und in offizielle Politik umgesetzt worden seien (Balanya u. a.2000 S.104).
Doch auch außerhalb der Gipfeltreffen hat der TABD ungehinderten Zugang zu den politischen Entscheidungsträgern, vor allem zur Europäischen Kommission in Brüssel. Der Europa-Direktor des TABD, Jerome Monod sagte: "Wir sind zweifelsohne diejenige Nicht- Regierungsorganisation mit dem grössten Zugang zu politischen Institutionen auf beiden Seiten des Atlantik." (zit.von Philipp Mimkes in TAZ v. 27.Oktober 1999)

Dabei hat der TABD keine formale Struktur,keine Befehlszentrale und keine Jurisdiktion. Er ist ein loser,informeller Zusammenschluß von Industriebossen aus Europa und den USA. Doch der Einfluss dieses weitgehend unbekannten Lobbyverbandes auf die Politik ist ungeheuer. 

Die Autoren von "EUROPE INC" belegen dies mit etlichen Beispielen:

Der jetzige europäische TABD-Direktor Stephen Johnston sagte in bezug auf die neuerdings gegründeten TABD NRO-Dialog-Gruppen zu Themen wie Arbeitsrechte, Umwelt, Konsumentenschutz und nachhaltige Entwicklung, die Industrievertreter würden die Lust an solchen Dialogen verlieren, wenn sie einen ganzen Nachmittag mit Umweltschützern zusammen diskutieren müßten. "Wir sind besser organisiert und effizienter , um unsere Botschaft an den Mann zu bringen" (zit. in Balanya u.a.S.107).

Das gelingt dem TABD offensichtlich heute mehr denn je. 1997 hatte der TABD Bill Clinton, dem holländischen Premier Wim Kok und dem Präsidenten der EU-Kommission Jaques Santer eine Wunschliste mit den "Proritäten" der Konzerne vorgelegt. Wim Kok bemerkte zu dem Papier: " ...es enthält ...nützliche Bausteine und die Inspiration, die Möglichkeiten der weiteren Liberalisierung des Handels und der Investitionsflüsse zu erkunden". Im Jahr darauf war Jürgen Schrempp der EU-Direktor des TABD. Persönlich überreichte er Bill Clinton und Tony Blair die Wunschliste des TABD.

In den vergangenen Jahren ist der TABD immer unverschämter in bezug auf seine Forderungen an die Politiker aufgetreten. Er legt ihnen nicht nur Wunschlisten mit eigenen Prioritäten vor, sondern setzt ihnen auch ein Zeitlimit innerhalb dessen sie diese Forderungen erfüllt haben müssen. 
 

Der TABD-Einfluss ist jedoch am stärksten auf der EU-Ebene in Brüssel. Der europäische TABD Direktor Johnston sagte, dass es fast täglichen Kontakt zwischen dem TABD und der EU Kommission in Brüssel gebe, und dass jährlich zwei oder drei Treffen zwischen TABD- Vertretern und der EU-Kommison stattfänden. Die Kommission hat, nach dem Vorbild des TABD, inzwischen ebenfalls Themengruppen eingerichtet. Die beiden Gruppen tauschen ihre Papiere aus und sind in ständigem Kontakt. " Die Sache geht voran" sagt Johnston. "Sie haben einen guten Informationsfluss, es ist ein guter, positiver, strukturierter Dialog. Die Kommission ist kooperativ, sie hilft den Konzernen, gibt ihnen die Information, die sie brauchen. Aber schließlich sind es die Konzerne, die die Empfehlungen machen" (zit. in Balanya 2000, S.107).

Also: Wer regiert Europa?
 

(zusammengefasst aus BALANYA u.a: "EUROPE INC. "London 2000 von Maria Mies. 
Das Buch ist inzwischen übersetzt und bei Rotpunktverlag, Zürich erschienen, siehe Hinweis auf der Seite "In eigener Sache" dieses Infobriefs).
 

http://www.geocities.com/kleineba/tabd.htm
 

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Aus der Hompage von "Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

http://www.dgap.org

Bericht der amerikanischen Hochrangigen Beratergruppe der Neuen Transatlantischen Agenda, veröffentlicht am 5. Dezember 1997 in Washington 

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Das Abkommen über Zusammenarbeit in Wissenschaft und Technologie, unterzeichnet am 5. Dezember, wird die engere Zusammenarbeit unserer Wissenschaftler und wissenschaftlichen Institutionen bei Themenvon grundlegender Bedeutung fördern. Der neue Transatlantische Informationsaustausch-Service (TIES) wird für Internetverbindungen zwischen einer Reihe von Gruppen der USA und der EU sorgen, die am zwischenmenschlichen Austausch interessiert sind. Die amerikanische Kongreßbibliothek und Partnerbibliotheken in Europa und Amerika arbeiten an einer Transatlantischen Digitalen Bibliothek. Wir haben einen transatlantischen Dialog der Zivilgesellschaften geschaffen. Wir unterstützten aktiv eine erfolgreiche Konferenz des Transatlantischen Geschäftsdialogs (TABD) in Rom, der die positive Einbeziehung der Geschäftswelt in den NTA-Prozeß weiter gefestigt hat, einschließlich der Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen im Rahmen der der Transatlantischen Kleinen Geschäftsinitiative (TASBI). Unter dem erfolgreichen Abkommen zwischen der EG und den USA über die Zusammenarbeit bei der Hochschulbildung und der Berufsausbildung unterstützen wir die akademische Zusammenarbeit zwischen etwa 150 weiterführenden Hochschulen in den USA und der EU.

http://www.dgap.org/IP/ip9802/BER9802.HTM
 



 

Weitere Links zum Thema:
 
 

Konzernbosse präsentieren Wunschzettel

Europäische und amerikanische Unternehmen fordern Freihandelszone und Abbau staatlicher Regulierung von Philipp Mimkes

In Charlotte/USA kommen heute 100 Vorstandsvorsitzende europäischer und amerikanischer Konzerne zusammen. Die illustre Runde mit dem Namen Transatlantic Business Dialogue (TABD) trifft sich jährlich und hat den freien Handel und die Deregulierung aller wirtschaftlich relevanter Gebiete auf ihre Fahnen geschrieben.

http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/aktionen/transat.html
 

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Millennium Round

WTO-TAGUNGFehler! Textmarke nicht definiert.

Seattle und der Lobbyismus - die "erfolgreichste Nichtregierungsorganisation beiderseits des Atlantiks"

http://www.freitag.de/1999/49/99490702.htm
 

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Deutschland und die USA

Partner für das 21. Jahrhundert BDI-Position zu wichtigen Themen der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen
 
 

BDI-Position:

    * EU-Kommission und US-Administration sollten die von der Wirtschaft z. B.

    im Rahmen des TABD verfolgten Empfehlungen zum Abbau von Marktzugangsbeschränkungen

    zügig umsetzen.

http://www.ixpos.de/laender_und_branchen/laender_und_regionen/BDI-Positionspapier.pdf
 

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Der Masterplan der euro-amerikanischen Wirtschaft für die Zukunft der globalen Informationsgesellschaft

http://www.heise.de/tp/deutsch/special/eco/6509/1.html
 

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Ende des Dialogs mit dem TABD. Von Saskia Teepe

http://www.attac-netzwerk.de/rundbriefe/sandimgetriebe07_01.php#text3
 

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FREIE BAHN DEM MARKT-Das neue MAI ist angekommen

Unbehelligt von den aktuellen Konflikten und Krisen brüten die Bürokraten der Transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft (TWP) und der Welthandelsorganisation (WTO) in gedämpfter Büroatmosphäre neue Abkommen aus, um die letzten Hemmnisse des freien Spiels der "Marktkräfte" zu beseitigen und die Staaten und Völker der ungebremsten Expansion der multinationalen Konzerne zu unterwerfen. Nach den gescheiterten Verhandlungen um ein Multilaterales Abkommen über Investitionen (MAI) haben Großunternehmer und Techkraten ihre Hausaufgaben gemacht. Nun wollen sie im Rahmen der WTO-Verhandlungen eine Neufassung des gescheiterten Projektes vorlegen. Und sie sind entschlossen, ihre Pläne mit dem Segen der Regierungen - aber erneut an den Bürgern vorbei - noch vor der Jahrtausendwende durchzusetzen. Von CHRISTIAN DE BRIE

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Mit dem Abkommen will man "auf der Grundlage von Empfehlungen der Wirtschaft" gemeinsame Minimalbestimmungen vorlegen, um den Unternehmen "neue Absatzmärkte zu öffnen". Daß dies im "Geist des Miteinanders" geschehen soll versteht sich von selbst. Die multinationalen Konzerne haben die TWP-Verhandlungen, an denen sie von Anfang an beteiligt waren, maßgeblich beeinflußt. Sie verfügen über eine mächtige Lobby in Gestalt des Transatlantic Business Dialog (TABD), dessen letzte Zweijahreskonferenz im November 1988 in Charlotte (North Carolina) stattfand und in dem die Creme der Wirtschaftsführer beiderseits des Atlantiks vertreten ist.

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http://www.swan.ac.uk/german/modulepages/media/mainew.htm
 
 


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