Kurzer eigener Kommentar:
Ich will euch nicht über Gebühr mit dottores Ausführungen "langweilen". Aber diese Erklärung unseres Geldsystems mußte ich einfach bringen. Wenn es bei MIR klick macht, ist der zugehörige Bericht/Artikel für jeden hilfreich .
 
 

Deflation? Selbstverständlich - nur 'Geld' durch 'Kredit' ersetzen

Geschrieben von dottore am 09. Februar 2003 19:11:08:

Hi,

so sehr das Ergebnis dieser Analyse jedermann einleuchtet und der Weg in die Deflation bereits seit Jahren (auch von mir) in zahlreichen Publikationen als unausweichlich abgeleitet wurde, was auch in einer bei Malik/Binswanger schon 1991 in St. Gallen gefertigten Dissertation (Daniel Stelter: Die Gefahr einer deflationären Depression) als dem Popper-Kriterium entsprechend akzeptiert wurde, so hat die XS [Nickname] -Analyse doch zwei entscheidende Schwächen:

1. Sie geht von einem rätselhaft "vorhandenen" Geld aus und

2. Sie setzt die Verschuldung von Staat, Unternehmen und Privaten gleich.
 

Tatsächlich ist Geld nicht vorhanden, sondern ein hier noch und noch erklärtes Passivum der ZB, das gegen Hinterlegung von (zeitlich später fälligen) Aktiva der Banken zeitlich befristet von der ZB ausgegeben, dann von den Banken aktiv verbucht wird (ersetzt dort die bei der ZB hinterlegten Titel, passiv ist die Gegenposition 1. b) zu bilden) und danach an deren Kunden (gegen "Geschäftsbankenzins") zediert wird.

Geld ist demnach nur eine zeitlich nach vorne geholte Form bereits bestehender, später fälliger Kredite, und kann selbst diese Kredite niemals tilgen, so dass das "System" auf immer neue zusätziche Kredite angewiesen ist, was die Verschuldung zum Essential seiner selbst macht. 

Das System, mit dem wir es, da in ihm lebend, zu tun haben, ist ein Kettenbrief oder ein permanenter Schieberamsch, bei dem die Kette und das Schieben niemals abbrechen dürfen, weil sonst alle zeitlich vorher liegenden noch offenen Position nicht mehr zu schließen sind und es zu einem in umgekehrter Reihenfolge laufenden Kettenkonkurs kommt. 

Bei der Verschuldung sind Staat und Private (Personen, Firmen) deutlich zu trennen. Letztere sind zur Leistung zu zwingen und leisten, solange sie können, solange also die Kette nach vorne verlängert wird und nicht nach hinten einrollt - der Staat nicht. 

Der nicht leistende Staat schafft das Hochbuchungs- und Zinseszinssystem. Er allein ist also die Instanz, die mit ihrer Überschuldung (Insolvenz), die nicht in Vollstreckung und Bankrott führt, sondern dank der ZB, welche ununterbrochen weitere Staatstitel rediskontiert, sich liquide halten kann und damit das Desaster verursacht. 

Hinzu kommt der Fakt, dass die ZB niemals Geld verleiht, sondern Geld gegen eine Steuer ("Leitzins") ausgibt, Klartext: Titel in GZ [Gesetzliches Zahlungsmittel] verwandelt, insofern niemals mit einer Leistung zu befriedigen ist, sondern immer nur mit immer neuen Titeln, die wieder zu GZ werden, von denen mehr an die ZB zurückgegeben werden müssen (in Höhe des "Leitsatzes") als von ihr ausgegeben wurden. 

Die "Ursache der Problematik", von der hier ausgegangen wird, stellt sich also etwas weniger simpel dar als sie hier abgeleitet wurde. Das System ist aus zwei Gründen instabil:

1. Die ZB ist nicht mit Leistung, welcher Art auch immer, zu befriedigen, d.h. die an sie aufgrund des GZ-Monopols zu entrichtende Steuer (Monopolprämie, abzuführen in GZ) kann nie aus der Welt geschafft werden. [Siehe hier]

2. Der nichtleistende Staat, der seinen Saldo gegenüber dem Nichtstaats-Sektor ununterbrochen vergrößern kann, da er als Schuldner die "Glaubwürdigkeit" (Bonität) des dem Nichtstaatssektors gegenüber jederzeit mit Waffengewalt auftretenden Gläubigers (= Steuerabforderers) einnehmen kann. 

>>Die Problematik
>>Die Ursache der Probleme liegt darin, daß die Schulden überall auf der Welt, in jedem Land, viel >>schneller steigen als die Wertschöpfung, als das Bruttosozialprodukt. 

Dem liegt ein Denkfehler zugrunde. Nehmen wir an, in einem Land würden im Zeitraum t1 für 1000 Einheiten Grund und Boden auf Kredit gekauft, der im Zeitraum t10 erst zurückgezahlt werden muss, muss in allen Zeiträumen t2 bis t9 keinerlei Wertschöpfung Statt finden. (Die Wertschöpfung in t1 ist die Summe des Grund-und-Bodenverkaufs). 

Die Relation Schulden zu BIP kann also durchaus sogar unendlich sein. Es kommt also nicht auf die Relation Schulden/BIP an, sondern auf die jeweiligen Fristen, zu denen die sich aus den Schulden ergebenden Zahlungen fällig werden. 

Das Modell kann zwar einen interessanten Hinweis auf die zunehmende Fragilität des Systems geben, aber es kommt immer auf Laufzeit und Fristen an: Werden Schulden überhaupt nicht mehr fällig gestellt, muss logischerweise auch keine entsprechende Wertschöpfung mehr erfolgen (übrigens das Problem Japans, der "Liquiditätsfalle" usw.)

>> In Deutschland beispielsweise stiegen die gesamten Schulden (Summe aus Verschuldung von Staat, >> Wirtschaft und Privathaushalten) seit den sechziger Jahren mehr als zweieinhalbmal schneller als die >> Wertschöpfung. 

Der Unterschied zwischen den drei Schuldner-Kategorien wird nicht gesehen. Nehmen wir an, es gäbe nur Private und Wirtschaft und deren Schulden seien 2,5mal schneller gestiegen als deren Wertschöpfung, heißt das zunächst gar nichts, da die Fälligkeit der Verschuldung nicht bekannt ist. Erst zur Fälligkeit ist Wertschöpfung zu leisten, d.h. in am Markt realisierten BIP. 

Bekanntlich gibt es kurz-, mittel- und langfristige Verschuldung. Entscheidend ist nicht die Höhe oder das Tempo des Anstiegs der Verschuldung, sondern einzig und allein die Frage, ob bei Fälligkeit der jeweiligen Verschuldung (kurz, mittel, lang) auch entsprechend am Markt realisierbares BIP vorstellbar ist. 

Jeder, der ein Haus baut, kann dies bestätigen: 

Vor dem Hauskauf hatte er z.B. 10.000 Schulden auf dem Dispo, nach dem Hauskauf hat er 200.000 Schulden auf dem Grundschuld-Konto. Sein Einkommen (Wertschöpfung) ist absolut gleich geblieben. Und doch hat sich das "Tempo" der Verschuldung schlagartig verzwanzigfacht. 

>>In anderen Ländern wie beispielsweise den USA, ganz zu schweigen von den Entwicklungsländern, >>sieht es noch viel schlimmer aus. Dabei ist der Bankrott vorprogrammiert: Immer größere Teile der >>Wertschöpfung müssen für die Bedienung der Schulden verwendet werden. Es ist, wie wenn Sie >>persönliche Schulden haben und dieser Schuldenberg zweieinhalbmal schneller wächst als Ihr >>Einkommen - zwangsläufig sind Sie dann irgendwann bankrott, weil Sie die explodierenden >>Kapitalkosten nicht mehr tragen können. 

Niemand ist gezwungen, Schulden zu machen und niemand kann jemanden zwingen, Schulden zu machen. Ob und wie hoch welche Schulden und mit welcher Fälligkeit und vor allem: zu welchem Zinssatz gemacht werden, ist jedermanns eigene Entscheidung. Niemand, der von vorneherein, niemals bedienen und zurück zahlen kann, würde jemals einen Kredit bekommen. 

Mit Ausnahme des Staates eben, bei dem der Point of No Return gekommen ist, sobald die laufenden Steuereinnahmen nicht mehr hinreichen, um die laufenden Tilgungen der bereits existenten Schulden zu decken. Die entsprechenden Formeln dazu sind altbekannt. 

>>Dabei vollzieht sich diese bedrohliche Entwicklung in unserem System zwangsläufig: Weil die den >>Schulden gegenüberstehenden Geldvermögen jedes Jahr um den Zinssatz wachsen, 

Zwangsläufig ist da gar nichts. Kein Geldvermögen kann wachsen, wenn die Schulden zum Termin bezahlt werden. Die Geldvermögen nehmen durch Zahlung vielmehr ab. Was hier als "automatisches Wachstum" verkauft wird, hat keinerlei Automatik, sondern basiert auf der Tatsache, dass jeweils (unbeschadet laufender Tilgungen) zusätzliche, neue Kredite genommen werden. 

>>so können diese Zinsgewinne nur dann wieder neu angelegt werden, wenn jemand bereit ist genau >>diese Summe als Kredit zu nehmen - Was einer mehr hat, muß ein anderer weniger haben. Solange >>also im heutigen System positive Zinsen vorherrschen, muß die Verschuldung genau um diesen >>Prozentsatz weiter zunehmen.

Ob die Verschuldung der Privaten zunimmt, hat nichts mit einem Automatismus zu tun, sondern ausschließlich damit, ob zusätzlich verschuldet wird. 

>>Mangelnde Schuldenaufnahme durch Sparmaßnahmen würde sofort zu einer Wirtschaftskrise führen, 

Tendenziell richtig. Aber das tritt nur dann eine, wenn beim Abbrechen des Kettenbriefs die zum jeweiligen Kettenbrief jeweils gehörenden offenen Positionen notleidend werden, was allerdings obendrein nur zu dem jeweils eintretenden Termin der Fall sein kann. Ob "sofort" oder nicht, kann so einfach nicht beantwortet werden.

Selbstverständlich kann gespart werden, ohne dass es zu einer Krise kommt. 

>>weil der Kapitalzuwachs nicht mehr rentabel investiert werden kann und sich dann das Geld von jeder >>Investition zurückziehen würde.

Hier nochmals der grundlegend falsche Anastz zu sehen: "Geld" gibt es nicht netto und kann sich also auch nicht "zurückziehen", so wie ein Krieger aus der Schlacht.

Investitionen sind wie alle Käufe nur mit Kredit möglich, da GZ nur nach einem Kredit erscheinen kann. Wenn sich der Kredit zurückzieht, dann allerdings wirds finster.

Und in dieser Richtung wird weltweit marschiert. Wenn im Folgenden in der Analyse die Rede von "Geld" ist, das "in allen Wirtschaftssektoren fehlt", dann muss das Wort Geld durch das Wort "zusätzlicher Kredit" ("new credits") ersetzt werden.

Ansonsten läuft es dann in der Tat ganz genau so wie beschrieben. Wie allerdings so neu auch wieder nicht und in diesem Forum schon seit Ende der 90er Jahre bekannt. 

Gruß! 
 

http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/167995.htm