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Artikel 4: Zeit-Fragen Nr. 6 vom 4. 2. 2002

 Warum die Uno eine despotische Einrichtung ist

18 gute Argumente, nicht der Uno beizutreten

von Diethelm Raff, Zürich

I.

Die Einrichtung der Uno haben der Präsident von Amerika und der britische Premierministers, Roosevelt und Churchill, am 14. August 1941 mit der sogenannten Atlantik-Charta beschlossen. «Die Atlantik-Charta war ein Programm, das in wesentlichen Aspekten von Vorstellungen der USA über eine zukünftige Friedensordnung in der Welt ausging.» (Brockhaus-Enzyklopädie, 19. Auflage, Bd. 2, S. 258). In einem von 8 Punkten forderten sie den freien Zugang zu den Rohstoffen auf der ganzen Erde. Durch den Beizug von Russland entstand die Uno als Organisation, deren Charta und deren Aufbau von den Grossmächten entworfen wurde und ihre Vorherrschaft sichern sollte, wie im folgenden zu sehen sein wird.

II.

Die Uno ist ein Zusammenschluss von zumeist autoritären diktatorischen 189 Staaten auf der Welt. Die rund 3500 Völker, die es auf der Erde gibt, sind in der Uno nicht vertreten. Die Uno tritt deren Selbstbestimmungsrecht mit Füssen, weil sie von ihren Mitgliedern nicht verlangt, dass sie das Selbstbestimmungsrecht der eigenen Völker respektieren. Die Schweiz könnte eine Stimme für die restlichen 3300 Völker bilden.

III.

Die Entscheide in der Uno folgen nicht dem Konsensprinzip, mit dem allein die Souveränität der einzelnen Staaten und damit das Selbstbestimmungsrecht der Bürger in demokratischen Gesellschaften beibehalten werden könnte. Die Entscheide der Uno folgen nicht einmal dem Mehrheitsprinzip. Statt dessen bleiben nur 5 Mitglieder souverän, die 5 Grossmächte USA, Russland, China, Grossbritannien, Frankreich, die jeden Entscheid zu Krieg und Frieden blockieren können.

IV.

Ausgerechnet die 5 Grossmächte können durch ihr Veto jeden Entscheid zu Krieg und Frieden verhindern (Art.23, Art.27.3). Jeder weiss aber, dass bei fast allen kriegerischen Auseinandersetzungen mindestens einer dieser Staaten beteiligt ist. Mit ihrem Veto können die Grossmächte verhindern, dass in der Uno etwas Sinnvolles beschlossen wird. Die Uno kann und will deshalb weder den Tschetschenen helfen noch den Tibetern, weder den Indianern noch den verschiedenen Völkern in Afghanistan, wenn sie völkerrechtswidrig bombardiert werden. Die Uno hilft sogar, die Eroberungen durch die Grossmächte mit Protektoraten abzusichern.

V.

Die Generalversammlung aus 189 Staaten muss sich dem Sicherheitsrat aus 15 Staaten, darunter die 5 Grossmächte als Ständige Mitglieder, unterordnen. Die Generalversammlung darf nur eine Stellungnahme zu Krieg und Frieden abgeben, wenn dies der Sicherheitsrat erlaubt. «Solange der Sicherheitsrat in einer Streitigkeit oder einer Situation die ihm in dieser Charta zugewiesenen Aufgaben wahrnimmt, darf die Generalversammlung zu dieser Streitigkeit oder Situation keine Empfehlung abgeben, es sei denn auf Ersuchen des Sicherheitsrats.» (Art. 12.1) Das bedeutet, dass jede Grossmacht mit ihrem Veto der Generalversammlung verbieten kann, einen Krieg dieser Grossmacht zu verurteilen.

VI.

Nur wenn der Sicherheitsrat es erlaubt, also wenn keine Grossmacht etwas dagegen hat, darf der Generalsekretär die Generalversammlung auch darüber unterrichten, was im Sicherheitsrat besprochen worden ist. (Art. 12.2) Es ist also eine Lüge zu behaupten, die Schweiz könne mit dem Beitritt zur Generalversammlung über Krieg und Frieden auf der Welt besser mitbestimmen.

VII.

Die Mitglieder der Uno vertrauen ausgerechnet den 5 Grossmächten die Wahrung des Weltfriedens an. «Um ein schnelles und wirksames Handeln der Vereinten Nationen zu gewährleisten, übertragen ihre Mitglieder dem Sicherheitsrat die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit.» (Art. 24)

VIII.

Die Mitgliedsländer erlauben es sogar den Grossmächten, dass sie in ihrem Namen handeln. «Die Mitglieder erkennen an, dass der Sicherheitsrat bei der Wahrnehmung der sich aus dieser Verantwortung ergebenden Pflichten in ihrem Namen handelt». (Art. 24) Wenn also die Uno den USA wie in Afghanistan erlaubt, das Rote Kreuz zu bombardieren, würde das bei einem Beitritt auch im Namen der Schweiz geschehen.

IX.

Der Generalsekretär wird zwar von der Generalversammlung gewählt, aber nur auf Vorschlag des Sicherheitsrats (Art. 97). Das bedeutet, dass der Generalsekretär nur gewählt wird, wenn er allen Grossmächten genehm ist. Der derzeitige Generalsekretär Kofi Annan wurde von den USA gegen die Mehrheit der Länder durchgesetzt. Diese wollten eine Wiederwahl des Vorgängers Boutros Boutros-Ghali, der - nach eigenen Angaben - die Anordnungen der USA zuwenig befolgte.

X.

Der Sicherheitsrat trifft sich fast täglich, die Generalversammlung einmal im Jahr im September für einige Wochen. Ausgerechnet nach den Terroranschlägen hat sich die Generalversammlung erst im November getroffen. So konnte auf diesem Forum nicht einmal im Rahmen der Generalversammlung gegen die völkerrechtswidrige Bombardierung von Afghanistan protestiert werden.

XI.

Die Grossmächte, allen voran die derzeit vorherrschende USA, können alle Mitglieder zwingen, ihren Anordnungen Folge zu leisten: «Alle Mitglieder leisten den Vereinten Nationen jeglichen Beistand bei jeder Massnahme, welche die Organisation im Einklang mit dieser Charta ergreift; sie leisten einem Staat, gegen den die Organisation Vorbeugungs- oder Zwangsmassnahmen ergreift, keinen Beistand.» (Art. 2.5).

XII.

Die Uno setzt die eigene Charta nur gegen Kleinstaaten durch. So verbietet Art. 2.4 jegliche Gewalt gegen andere Mitglieder: «Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.» Die USA haben jedoch ohne wirkliche Beweise einen Krieg gegen Afghanistan vom Zaun gebrochen. Auch für die behauptete Befreiung der Frau darf gegen diesen Artikel nicht verstossen werden. Die von den USA in Anspruch genommene Selbstverteidigung laut Art. 51 gilt nur zur unmittelbaren Abwehr eines andauernden Angriffes eines Staates und im übrigen nur so lange, bis der Sicherheitsrat Massnahmen ergriffen hat. Das hat der Sicherheitsrat in zwei Resolutionen bereits im September getan. Er hat den USA darin aber keine Erlaubnis zum Bombardement gegeben. Die Uno protestiert aber trotzdem nicht gegen den Krieg, weil mindestens die USA das verhindern können. Die Uno ist also für den Frieden ein ungeeignetes Instrument.

XIII.

Die 15 Richter des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag werden von der Generalversammlung und vom Sicherheitsrat für 9 Jahre gewählt. Das heisst, jeder Richter muss den 5 Grossmächten passen. Die Staaten verpflichten sich mit der Mitgliedschaft, sich an die Rechtsprechung der Richter von der Grossmächte Gnaden zu halten. (Art. 94) Die Gewaltenteilung ist also nicht gegeben.

XIV.

Die Uno ist ein Teil des Systems der Vorherrschaft der USA, wie einer der einflussreichsten US-amerikanischen Geostrategen, Zbigniew Brzezinski, in seinem Buch «Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft» aus dem Jahr 1997* erklärte: «Als Teil dieses amerikanischen Systems muss ausserdem das weltweite Netz der Sonderorganisationen, allen voran die internationalen Finanzinstitutionen, betrachtet werden. Offiziell vertreten der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank globale Interessen und tragen weltweit Verantwortung. In Wirklichkeit werden sie jedoch von den USA dominiert, die sie mit der Konferenz von Bretton Woods im Jahre 1944 aus der Taufe gehoben haben.» (S. 49). In der Uno-Sonderorganisation IWF besitzen die USA als einziges Land mit 20,1% der Stimmen ein Vetorecht. Die Uno-Sonderorganisation Weltbank muss laut Statuten von einem Bürger der USA präsidiert werden. Man kann dementsprechend feststellen, dass die Uno ein Anhängsel der US-Grossmachtansprüche ist.

XV.

Obwohl es überhaupt keine Vertretung von Bürgern gibt, werden in der Uno - nicht einmal in der Generalversammlung, sondern auf internationalen Konferenzen, insbesondere seit Anfang der 90er Jahre - internationale Standards und Normen entwickelt, an die sich die Staaten zu halten haben, wie die Uno in ihrer Homepage selbst erklärt (United Nations Conferences www.un.org/News/facts/conferencs.htm). Dazu gehört das Kyoto-Protokoll als Einstieg in die Beherrschung der Welt auch in allen anderen Gebieten, wie die deutsche Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul am 27.1.1999 erklärte: «Die Umweltkonventionen sind Vorreiter für 'Global governance' (Globale Steuerung) und eilen dem ökonomischen Bereich weit voraus.» (Bulletin der deutschen Bundesregierung vom 9.2.1999) Die Entscheidungen auf Uno-Ebene werden aber mit den Bürgern nicht einmal diskutiert, sondern ihnen nur aufgezwungen.

XVI.

Mit den grossen Konferenzen in den 90er Jahren hat die Uno die Bürger als Träger der Staaten entmündigt. Statt der Bürger entscheiden in der Uno die Uno-Organisationen, Grosskonzerne, Nicht-Regierungs-Organisationen, EU und andere undemokratische Regionalgebilde, die als neue Akteure bezeichnet werden.

XVII.

Die neue Uno hilft den multinationalen Konzernen, sich der Globalisierungsgegner zu entledigen und ihre rein börsenorientierten Geschäfte ohne Anbindung an die Bürger durchführen zu können. Dazu hat Kofi Annan in Davos 1999 den Globalen Pakt ausgerufen. Die Grosskonzerne verpflichten sich darin zu minimalen Standards, und die Uno verspricht ihnen, sie nicht mehr zu kritisieren. Die Schweizer Grosskonzerne, insbesondere Marcel Ospel von der sich längst aus der Schweiz abgemeldeten UBS erklären in ihrem Propagandaheft zur Uno-Abstimmung «Facts der Wirtschaft» (S.10): «Wegen der wachsenden Opposition gegen die Globalisierung hat der Generalsekretär der Uno, Kofi Annan, den 'Globalen Pakt' (Global Compact) zwischen den Vereinten Nationen, der globalen Privatwirtschaft und den Nichtregierungsorganisationen (NGO) angeregt.»

XVIII.

Mit dem Brahimi-Bericht vom Juni 2000 verabschiedet sich die Uno endgültig von ihrer Absicht, Frieden zu stiften, mit der Begründung, dass sie sowieso immer nur versagt habe. Statt dessen erklärt sie sich zu einer Weltmilitärmacht, die so stark zu sein hat, dass sie oder die von ihnen beauftragten starken Militärmächte jeden besiegen können. Die Uno soll gleichzeitig 5 Kriege auf der Welt führen können (www.un.org.peace-operations-report.htm). Die neue Uno gibt sich das Recht, in den ehemals souveränen Staaten militärisch einzugreifen, selbst wenn es gar keine militärischen Auseinandersetzungen gegeben hat, mit der Begründung, so den Frieden zu schützen, ganz gemäss den Schutztruppen Deutschlands in Deutsch-Südwestafrika, mit denen der imperialistische Zugriff auf die Welt verschleiert wurde. Die Uno ermuntert sogar einzelne Länder ausdrücklich dazu, ganze Länder in eigener Regie zu verwalten, wie es bereits in Afghanistan umgesetzt wird. Die Uno will nicht mehr prinzipiell mit politischen Lösungen helfen, sondern erhebt - ganz im Gegensatz zu ihrer eigenen Charta - Gewalt zum Mittel der Politik.

***

Es gilt, sich von der Vorstellung zu verabschieden, dass die Uno irgend etwas mit Frieden zu tun hat. Sie ist von Anfang an ein Instrument der Grossmächte gewesen. Mit der neuen Uno wird die Tendenz immer deutlicher, dass die Uno dazu benutzt wird, den Bürgern und Völkern ihre Selbstbestimmung zu nehmen und unter dem schön klingenden Titel der Friedenssicherung den Krieg erneut zu einem Mittel der Politik zu machen.

Wenn die Uno unter diesem Titel eine Region nach der anderen in Zerstörung und Hass und unter dem Protektorat der alten Kolonialmächte zurückgelassen haben wird, wer ist dann da, der als glaubwürdiger Vermittler Gewalt und Tod verhindern kann? Die Schweiz als weltweiter neutraler Friedensstifter ist notwendiger denn je.
 
 

* Zbigniew Brzezinski. The Grand Chessboard. Harper Collins 1997. ISBN 0465027261. Zbigniew Brzezinski. Die einzige Weltmacht. Berlin 1997. ISBN 3886793036.

Artikel 4: Zeit-Fragen Nr. 6 vom 4.2.2002, letzte Änderung am 6.2. 2002
 

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