Schurkenstaat

von Richard Du Boff
ZNet 28.04.2002
 

1. Im Dezember 2001 kündigten die USA den ABM-Vertrag von 1972 und machten so den historischen Vertrag zunichte. Erstmals im nuklearen Zeitalter widerriefen die USA ein umfassendes Abkommen über Rüstungsbegrenzung (hier: Interkontinentalraketen).

2. Das Abkommen über Biologische und Chemische Waffen wurde 1972 von 144 Nationen einschließlich der USA ratifiziert. Im Juli 2001 verließen die USA eine Konferenz in London , auf der ein Protokoll von 1994 diskutiert wurde, das Vor-Ort-Inspektionen zur Stärkung des Abkommens vorsah. Im November 2001 erklärte der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, John Bolton in Genf: „Das Protokoll ist tot“. Gleichzeitig beschuldigte er den Irak, Iran, Nord-Korea, Libyen, den Sudan und Syrien, das Abkommen zu verletzen, ohne jedoch genaue Anschuldigungen zu machen oder Beweise dafür vorzulegen.

3. Juli 2001: Unterzeichnung des UN-Abkommens zur Eindämmung der illegalen Verbreitung von Kleinwaffen. Die USA waren die einzige Nation, die dagegen war.

4. Im April 2001 wurden die USA nicht mehr in die Menschenrechtskommission der UN gewählt, nachdem sie jahrelang ihre UN-Beiträge nicht bezahlt hatten (einschließlich der aktuellen Schulden von 244 Millionen US Dollar) und nachdem sie die UN gezwungen hatten, ihren Anteil am UN-Haushalt von 25 auf 22 Prozent zu senken. (Die USA waren die einzigen, die sich in der Menschenrechtskommission gegen Resolutionen stellten, die eine preisgünstige Versorgung mit HIV/AIDS-Medikamenten unterstützte, sie waren gegen ein Grundrecht auf ausreichende Ernährung und gegen einen Aufruf für ein Aussetzen der Todesstrafe.

5. In Den Haag sollte ein Internationaler Strafgerichtshof eingerichtet werden, um Politiker und Militärangehörige, die sich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht hatten, zu verurteilen. Der Vertrag wurde im Juli 1998 in Rom unterzeichnet. 120 Länder stimmten zu, sieben stimmten dagegen, darunter die USA. Im Oktober 2001 unterzeichnete Großbritannien als 42. Nation. Im Dezember 2001 ergänzte ihn der amerikanische Senat durch einen Zusatz mit einer Anweisung für das Militär, die sicherstellte, dass US Soldaten sich nicht dem Urteil des vorgesehenen Gerichtshofs unterwerfen würden.

6. Der Landminen-Vertrag, welcher Landminen ächtet, wurde im Dezember 1997 in Ottawa von 122 Nationen unterzeichnet. Die USA verweigerten ihre Unterschrift zusammen mit Russland, China, Indien, Pakistan, Iran, Irak, Vietnam, Ägypten und der Türkei. Präsident Clinton lehnte den Vertrag mit der Behauptung ab, dass Minen notwendig seien, um Süd-Korea gegen die 'überwältigende militärische Übermacht' Nord-Koreas zu schützen. Er erklärte, die USA würden „eventuell“ 2006 beitreten. Präsident Bush lehnte dies im August 2001 ab.

7. Im März 2001 erklärte Präsident Bush das Kyoto-Protokoll zur Kontrolle der weltweiten Klimaveränderung für „tot“. Im November 2001 nahm die Regierung von Busch nicht an den Verhandlungen in Marrakesch (Marokko) teil, um die Übereinkunft zu revidieren. Sie sollte dort hauptsächlich verwässert werden. Ein vergeblicher Versuch, die Zustimmung der USA zu bekommen.

8. Im Mai 2001 weigerten sich die USA, mit Ländern der Europäischen Union zusammenzutreffen, um - wenn auch nur auf niedriger Regierungsebene - über Wirtschaftsspionage und elektronische Überwachung von Telefongesprächen, E-Mails und Fax zu sprechen. Die Grundlage dafür ist das US-Programm „Echelon“.

9. Im Mai 2001 weigerten sich die Vereinigten Staaten, an von der OECD angeregten Gesprächen in Paris teilzunehmen, wo es um Möglichkeiten ging, den off-shore und anderen Steuer- und Geldwasch-Oasen das Handwerk zu legen.

10. Februar 2001: 123 Nationen verpflichten sich, gegen Menschen gerichtete Bomben und Minen weder herzustellen noch solche einzusetzen. Die USA sind nicht dabei.

11. Im September 2001 verlassen die USA die internationale Konferenz über Rassismus in Durban (Südafrika), an der 163 Länder teilnahmen.

12. Juli 2001: Die acht großen Industrienationen (G-8) planen, Energie sauberer einzusetzen. Die USA sind als einziges Land dagegen.

13. Die Vereinigten Staaten verschärfen ihr völkerrechtswidriges Embargo gegen Kuba. In der UN-Vollversammlung wird im Oktober 2001 zum zehnten Mal in zehn aufeinanderfolgenden Jahren eine Resolution verabschiedet, die ein Ende des Embargos fordert. Abstimmungsergebnis: 167 dafür, 3 dagegen (die USA, Israel und die Marshall-Inseln).

14. Das Verbot von Atomwaffentest wird von 164 Staaten unterzeichnet und von 89 einschließlich Frankreich, Großbritannien, und Russland ratifiziert. Auch Clinton unterschreibt 1996, aber der amerikanische Senat lehnt den Vertrag ab. Die USA gehören damit zu den 13 Nicht-Ratifizierern unter den Ländern, die Atomwaffen oder Atomkraftprogramme haben. Im November 2001 erzwangen die USA im UN-Ausschuß für Abrüstung und Sicherheit eine Abstimmung, um ihren Widerstand gegen den Atomwaffen-Teststop-Vertrag zu demonstrieren.

15. 1986 entschied der Internationale Gerichtshof in Den Haag, dass die USA durch die „unrechtmäßige Anwendung von Gewalt“ in Nicaragua internationales Recht verletzt haben. Die USA weigerten sich, das Urteil anzuerkennen. Eine mit 94:2 Stimmen gefasste Resolution der UN forderte die Durchsetzung des Haager Urteils. Die USA und Israel waren dagegen.

16. 1984 traten die USA aus der UNESCO aus und beendeten ihre Zahlungen in den Haushalt der UNESCO wegen des Projekts ‚Neue Weltweite Informations- und Kommunikationsordnung (NWICO)’, das die Medienabhängigkeit von den vier größten Nachrichtenagenturen (AP, UPI, Agence France-Presse, Reuters) verringern sollte.

Die USA beschuldigten die UNESCO der Einschränkung der Pressefreiheit, des Missmanagements und anderer Fehler, und dies trotz eines Abstimmungsergebnisses in den Vereinten Nationen von 148:1 für dieses Projekt. 1989 beendete die UNESCO das Projekt, aber die USA weigerten sich trotzdem, wieder beizutreten. 1995 machte die Clinton-Regierung den Vorschlag, wieder beizutreten. Er wurde im Kongress abgeblockt und Clinton verfolgte die Angelegenheit nicht weiter. Im Februar 2000 zahlten die USA schließlich einen Teil ihrer UN-Schulden, nicht aber die bei der UNESCO (UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur), der sie bis heute nicht wieder beigetreten sind.

17. 1989 wurde ein Zusatzprotokoll zum Internationalen UN-Abkommen über Bürgerliche und Politische Rechte verfasst, das die Abschaffung der Todesstrafe vorsieht und die Hinrichtung von Unter-Achtzehnjährigen verbietet. Die USA hat dieses weder unterzeichnet noch ratifiziert und sich, was die Altersbegrenzung betrifft, ausdrücklich ausgenommen. Damit sind es noch fünf Länder, die immer noch Jugendliche hinrichten: Saudi Arabien, die Demokratische Republik Kongo, Iran, und Nigeria. In China wurde diese Praxis 1997 und in Pakistan 2000 aufgegeben.

18. 1979: UN-Abkommen zur Abschaffung jeglicher Art von Diskriminierung von Frauen. Die einzigen Länder, die dieses Abkommen zwar unterzeichneten, es aber nicht ratifizierten ,sind die USA, Afghanistan, Sao Tome und Principe.

19. Das UN-Abkommen von 1989 über die Rechte des Kindes, das die wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Kinder schützt, wurde von den USA unterzeichnet aber nicht ratifiziert. Das einzige andere Land ist Somalia, das aber keine funktionsfähige Regierung hat.

20. Das internationale UN-Abkommen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966, das einen weiten Bereich von Rechten abdeckt und vom Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte überwacht wird, wurde 1977 von den USA unterzeichnet, jedoch nicht ratifiziert.

21. Die UN-Konvention zur Verhinderung und Bestrafung von Völkermord von 1948 wurde von den USA 1988 schließlich ratifiziert mit dem Zusatz einiger Einschränkungen dahingehend, dass die amerikanische Verfassung und der „Rat und die Zustimmung des Senats“ erforderlich sind um zu prüfen, ob Handlungen im Zusammenhang mit bewaffneten Auseinandersetzungen Völkermord darstellen. Diese Einschränkungen wurden von Großbritannien, Italien, Dänemark, den Niederlanden , Spanien, Griechenland, Mexiko, Estland und anderen zurückgewiesen.

22. Wird der Status ‚Schurke Nummer eins’ kompensiert durch Hilfe an weniger wohlhabende Länder? Die drei Länder, die gemessen an ihrem Bruttosozialprodukt am großzügigsten helfen sind Dänemark (1,01%), Norwegen (0,91%) und die Niederlande (0,79%). Die drei, die am wenigsten geben, sind die USA mit 0,1%, Großbritannien mit 0,23% und Australien, Portugal und Österreich mit je 0,26%.
 

Übersetzt von: Martin Maurer
 

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