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DIE GEHEIME GESCHICHTE DER AMERIKANISCHEN KRIEGE
Verschwörung und Krieg in der US-Außenpolitik

Mansur Khan


 
Kapitel 12

Der Weg in den Krieg

Wir haben bisher gesehen, wie die Golfkrise von der Machtelite in den USA zielbewußt inszeniert wurde. Dokumente belegen es:

l. Die Niederschrift des Gesprächs zwischen April C. GLASPIE und Sad- dam HUSSEIN (datiert vom 25. Juli 1990), die die US-Botschafterin nur wenige Tage nach ihrer Unterredung mit SADDAM an das State Department weiter- leiten mußte. Aus dieser Abschrift geht hervor, daß die irakische Abschrift mit dem Telegramm, das GLASPIE an das State Department schickte, über- einstimmt, auch wenn GLASPIE dies dementierte, bevor dieses Dokument vom State Department für den Senatsausschuß veröffentlicht wurde. Die Abschrift umfaßte die eindeutige Feststellung: »We have no opinion on the Arab-Arab conflicts, like your border disagreement with Kuwait. . .« (»Wir haben keine Meinung zu innerarabischen Konflikten, wie etwa Ihre Grenz- streitigkeit mit Kuwait.. .«)

2. Jenes von irakischen Truppen in Kuwait-City entdeckte Geheimschrei- ben vom CIA und dem kuwaitischen Geheimdienst (datiert auf den 22. November 1989), das von der UNO für echt erklärt wurde und dessen Echtheit die US-Regierung nicht einmal bestritt (wie zu erwarten stritt le- diglich der CIA ab, daß das Thema Irak besprochen wurde). In diesem Dokument kamen besagte Geheimdienste, wie wir gesehen haben, zu dem berüchtigten Entschluß, daß es angebracht sei, wirtschaftlichen Druck von seiten Kuwaits und der USA auf den Irak auszuüben, damit ein Grenzkon- flikt zwischen dem Irak und Kuwait entstehe. Dieser wirtschaftliche Druck fand in Form von Schrägbohrungen im irakischen Teil des Rumailah-Oil- felds statt; die Schrägbohrtechnologie, mit der die Kuwaitis das 01 abpump- ten, stammte aus den USA.

Eine noch schlimmere Art, Druck auf den Irak auszuüben, war die andau- ernde Olüberproduktion der Kuwaitis, die den Olpreis von 21 Dollar je Bar- rel auf 11 Dollar je Barrel fallen ließen. Das kostete den verschuldeten Irak jährlich 14 Milliarden Dollar, was er sich nicht länger leisten konnte, es sei denn, er akzeptierte die wirtschaftliche Kapitulation. Weiterhin blieben die Kuwaitis während der Verhandlungen mit den Irakern stets kompromißlos und oft arrogant. Diese Verhandlungen beinhalteten auch den Zugang zum Meer, den die Iraker schon immer haben wollten und beanspruchten.

3. Craig HULET, ein ehemaliger Geheimdienstler, veröffentlichte die White Papers, denen zufolge der Golfkrieg eine geheim geplante Sache war, denn es ging um die Abrüstung des Iraks und dessen Bedrohung der Region.

4. Einige Autoren (Alan FRIEDMAN u.a.) haben eindeutig bewiesen, daß die USA besonders unter Ronald REAGAN und George BUSH den Irak mit  aufgerüstet haben. Insbesondere George BUSH und sein Freund (Außenmini- ster) James BAKER setzten sich persönlich, gegen den Willen des US-Kongres- ses dafür ein, daß Bagdad alle Waffen bekam, die es wollte, und gewährten Saddam HUSSEIN Kredite, obwohl immer mehr internationale Einrichtungen und Bankiers dies ablehnten, weil sie (zu Recht) befürchteten, daß der Irak zahlungsunfähig werde. Die USA waren knapp hinter Deutschland der größ- te Waffenlieferant des Iraks™

5. Der Geheimplan, mit dem BUSHS engste Mitarbeiter den Irak anstifte- ten, höhere Ölpreise von den OPEC-Staaten zu verlangen, wurde bekannt, als der Londoner Observer (21. II. 90) die wichtigsten Teile davon veröf- fentlichte. (Das Dokument wurde angeblich auch in begrenzter Auflage veröffentlicht.) Der Londoner Observer konnte somit bestätigen, daß die BusH-Regierung zwei anscheinend widersprüchliche Ziele verfolgte: Zum einen sollte der Irak offiziell US-Unterstützung in allen erdenklichen Be- langen gewährt bekommen, zum anderen unterstützte die US-Regierung ge- heim die Olbedingungen des Iraks, was so viel bedeutete wie eine gegen Kuwait gerichtete Politik, da dieser der wichtigste Uberproduzent in dem Ölkartell OPEC war und gegen die OPEC-Regelung verstieß. Der Irak sollte nun denken, die US-Regierung sei in Wirklichkeit immer noch sein Verbün- deter, während der CIA gemeinsam mit Kuwait (einschließlich V.A.E) daran arbeiteten, das 01 im Rumailah-Feld (das zu 70% dem Irak gehört) abzupum- pen, um es dann billig und in möglichst großen Mengen auf dem internatio- nalen Olweltmarkt zu verkaufen, damit die Preise für den Irak fallen. Wie wir wissen, ging der Plan in Erfüllung und machte den Irak immer ärmer.

6. ARAFAT berichtete, daß die US-Regierung sich aktiv in die Verhand- lungen zwischen dem Irak und Kuwait einmischte, als diese versprachen, die Krise zwischen den beiden Nationen zu beenden. Dies wurde in der US-Zeitung Christian Science Monitor vom 5. Februar 1991 aktenkundig. Wer die geschichtlichen Beziehungen zwischen den USA und dem Irak kennt, weiß, daß diese allgemein alles andere als freundlich waren.

7. Die USA haben über dreißig Jahre lang versucht, die irakische Regie- rung zu destabilisieren und zu stürzen. 1958 befreite sich der Irak durch seine Palast-Revolution vom Kolonialismus und erklärte sich zur Republik. Dadurch wurden die Ölquellen verstaatlicht, eine Tatsache, die die US- Regierung (und die britische) mit Feindseligkeit hinnahm. Bis zu diesem Zeitpunkt der Revolution waren die Ölquellen fest in britischer und ameri- kanischer Hand gewesen, die Verstaatlichung bedeutete für beide Regie- rungen und deren (private) internationale Ölkonzerne Verluste in Milliar- den Höhe. Die USA und Großbritannien wollten unbedingt zum früheren Status quo zurückkehren und planten die Beseitigung des neuen irakischen Staatschefs Abdul Karim KASSEM. Unter anderem schickte der CIA per Post ein vergiftetes Taschentuch (als Geschenk) an KASSEM, das ihn todkrank machte. Dieser starb dann 1963 beim Putsch der Ba'ath-Partei (jener Partei, mit der Saddam HUSSEIN nach einem erneuten Putsch an die Macht kommen sollte). Der CIA hatte den Ba'ath-Putsch unterstützt, aber mit den neuen Machthabern eine Fehlinvestition getätigt, denn die Ba'ath-Partei brüstete sich mit dem Motto >arabisches 01 für die Araber<- Dies war verständlicher- weise kein angenehmes Motto für Washington. So strengte sich Washing- ton erneut an und stürzte auch die Ba'ath-Partei, um eine neue Partei an die Macht zu bringen, aber auch diese erwies sich als nicht nachgiebig genug, so daß 1968 wieder die Ba'ath-Partei an die Macht kam und ihre lange Amtszeit mit einem Blutbad einleitete.

     Mit dem Ausbruch des Irak-Iran-Kriegs (des ersten Golfkriegs), für den die USA dem Irak schon Ende 1979 ihre Unterstützung zugesagt hatten, verbesserten sich die US-Irak-Beziehungen schlagartig. Wie schon beschrie- ben, wollte die US-Regierung zum damaligen Zeitpunkt die iranische Re- gierung (die äußerst antiamerikanisch war) stürzen oder, falls nicht mög- lich, zumindest schwächen. Präsident CARTERS Sicherheitsberater BRZEZINSKI ermutigte damals Saddam HUSSEIN, einen Blitzkrieg gegen den vermeint- lich schwachen Iran durchzuführen. Das REAGAN/BUSH-DUO betrieb dann sieben Jahre lang dieselbe Politik. Während der REAGAN/Bush-Jahre (1980- 88) verkaufte das dynamische Duo Waffen im Wert von 50 Milliarden Dolar an den Irak! Dies war illegal, da der Kongreß es ausdrücklich verboten hatte, aber das konnte die beiden meisterhaften Manipulatoren und Waffen- schieber nicht beeindrucken, geschweige denn daran hindern, ihre Waffen über Drittstaaten und Händler nach Bagdad zu schmuggeln. Wie zu erwar- ten, spielte die US-Außenpolitik ein doppeltes Spiel. Während die USA den Irak aufrüsteten, schickten sie auch heimlich Waffen über Israel (und ande- re Nationen) an den Iran, um US-Geiseln freizukaufen (was letztendlich in dem größten und peinlichsten Skandal für die REAGAN-Regierung endete: dem Iran-Contra-Skandal 1986 - durch eine libanesische und vom Iran kon- trollierte Zeitung veröffentlicht). Den Iranern gab man auch gleich Fotos von Spionagesatelliten, die, das verschwieg man natürlich, teilweise ge- fälscht worden waren. Solche Fotos überließ man auch den Irakern. Man wollte, daß ein möglichst langer, zermürbender Krieg zwischen den beiden Nationen stattfinde, ein solcher Krieg würde beide Kontrahenten schwä- chen und die US-Position im Mittleren Osten stärken (ganz nebenbei ver- dienten die Aufrüster auch noch Milliarden).      Der notorische Handlanger REAGANS, Oliver NORTH, berichtete den Ira- nern während des ersten Golfkriegs, daß die US-Regierung den Sturz Sad- dam HUSSEINS fördern werde. NORTH wurde noch deutlicher: In Frankfurt am Main offenbarte er anderen Geheirndienstlem (Richard SECORD, Albert HAKIM und einein Iraner), die US-Regierung wolle diesen iranisch-iraki- schen Krieg so beenden, daß es so aussehe, als sei Saddam HUSSEIN der einzige, der Probleme verursache. Er sagte wörtlich: »lran wird nicht Ku- wait überrennen. Iran wird nicht die Saudi-Arabische Regierung stürzen. Das echte Problem in der Region ist Saddam HUSSEIN, und wir werden uns um dieses Problem kümmern müssen. 932 Dies bedeutete nichts anderes als die geplante Beseitigung Saddam HUSSEINS durch dieselbe REAGAN/BUSH- Regierung, die seit 1980 den Irak aktiv aufrüstete. 
Aber Saddam HUSSEIN blieb auch nicht uninformiert. Er wußte spätestens durch seinen eigenen Geheimdienst, daß die BusH-Regierung Ende 1989- Anfang 1990 ein Komplott gegen ihn und den Irak plane. Er sprach wohl nicht nur aus polemischen und rhetorischen Gründen von einem gegen den Irak gerichteten US-zionistischen Komplott, das auch Kuwait und die V.A.E. umfasse. Es ist wohl erlaubt anzunehmen, daß er oder zumindest seine sieben Geheimdienste™ die US-strategischen Studien gelesen hatten. Stu- dien, wie die U.S. Army's A. Strategie Force for the 1990s und Beyond (>eine strategische Macht für die neunziger Jahre und darüber hinaus<) von Januar 1990 oder das Global Reach, Global Power (>Globale Reichweite, Globale Macht<) der Air Force von Juni 1990: »Dies sind die Dokumente, die in der frühen Periode, bevor Saddam HUSSEIN irgendeine Andeutung bezüglich Kuwait machte, spezifisch den Persischen Golf und insbesondere den Irak und Sad- dam HUSSEIN als >wahrscheinliche Kandidaten auserkoren haben für , . . neue militärische Missionen«, teilt uns Daniel SHEEHAN, Mitglied des Chri- stic Institute und Verfasser vieler beeindruckender Leitartikel für die New York Times, mit.934

Warum waren die USA am Golfkrieg interessiert?

Einige Beobachter des Golfkriegs behaupteten, daß die USA, angeführt von George BUSH, im Golf für das UN-Völkerrecht und für die Aufrechter- haltung der ungestörten Öllieferungen gekämpft hätten. Wenn das stimmt, muß aber die Frage gestellt werden, was BUSH denn 1989 in Panama tat, als er gegen das UN-Völkerrecht den Zwergstaat angriff und dabei 7 000 bis 20 000 Panamesen tötete. Panama bedrohte zu jenem Zeitpunkt nicht die USA, und auch wenn sein Präsident NORIEGA im Drogenhandel verstrickt war (eine Tatsache, die der US-Administration mindestens seit 1972 be- kannt 935), war dies noch lange kein Grund, einen Staat anzugreifen.      Außerdem stehen die USA auf äußerst wackeligen Füßen, wenn sie an- fangen, vom Völkerrecht zu reden. Seit 1800 haben Sie nämlich 53mal in anderen Staaten mit ihren militärischen Streitkräften eingegriffen,936 ebenso oft waren sie wahrscheinlich an CIA-geateuerten Putschaktionen beteiligt, und sie setzten im UN-Sicherheitsrat am häufigsten ihr Veto ein.  Mit anderen Worten: Sie haben mehr als jeder andere Staat mit ihrem Veto  gegen die Mehrheit gestimmt.937 Die Situation für die UN-Vollversammlung  ist sehr ähnlich, auch hier haben dieUSA in regelmäßigen Abständen  gegen Resolutionen, die sich mit Aggression, Menschenrechtsverbrechen,  Abrüstung, internationalen Gesetzen undähnlichen Fragen befaßten, gestimmt. Oft stimmten die USA dann allein oder mit wenigen Klientelstaaten, wie beispielsweise  Israel, gegen den Rest der UN-Vollversammlung, Auch die indonesische Invasion Osttimors, die einem Genozid gleichkam, konnte nur dank der materiellen und morali- schen Unterstützung der US-Regierung so erfolgreich durchgeführt werden. Ebenso waren es die USA, welche die UNO bei diesem Völkermord zur Unwirksamkeit verurteilten. Was den Mittleren Osten betrifft, so haben die USA in den letzten zwanzig Jahren jede UN-Resolution, die eine Lö- sung der Krise in der Region angestrebt hatte, mit ihrem Veto zum Schei- tern gebracht.™      Ein solcher Staat sollte eigentlich nicht über Völkerrecht reden oder gar sich zu dessen Anführer erklären. Trotzdem verkündete Präsident BUSH am 29. Januar 1991 noch einmal: »Unter den Ländern der Welt verfügen lediglich die Vereinigten Staaten über die moralische Standfestigkeit. . . Unsere Sache ist gerecht, unsere Sache ist moralisch, und unsere Sache ist richtig.« Was das Öl angeht, so muß gesagt werden, daß Iraks Invasion nicht den Olbedarf des Westens gefährdete, wie es oft fälschlich darge- stellt wurde: Europa importiert nur 6 Prozent seines 01 aus dem Irak und Kuwait, während die USA 11% aus dieser Region beziehen. Insgesamt be- ziehen die USA sowieso nur 5% ihres Olbedarf s aus dem Golf. Der Anteil Iraks und Kuwaits an der Weltproduktion macht jeweils ganze bescheidene 4,8% und 2,7% aus.™ Von einer großen Bedrohung der Ölinteressen der USA kann daher nicht die Rede sein. Die OPEC kann auch nicht allein den Ölpreis bestimmen, da die Erzeugung der Förderstaaten wie Mexiko, An- gola und den Nordseestaaten, die nicht der OPEC angehören, gestiegen ist! Das veranlaßt die OPEC-Staaten, flexibler zu sein und sich den Kräften des Markts anzupassen. Selbst im Fall eines nur schwer vorstellbaren Olex- portembargos der gesamten Golfstaaten verfügen die von den Olimporten abhängigen Industriestaaten durch die Nutzung ihrer strategischen Reser- ven und Einsparungsmaßnahmen, durch eine Steigerung der Olproduktion in anderen Weltregionen (Nordsee, Venezuela, Mexiko, Rußland und ex- Sowjetstaaten im Kaukasus und Zentralasien sowie China) und durch die verstärkte Nutzung anderer Alternativenergien über vielfältige Möglich- keiten, kurz- und ebenfalls auch mittelfristig ziemlich leicht eine >Durst- strecke< zu überwinden, und sind deswegen besser gestellt als die zu 90 Prozent von Öleinnahmen abhängigen sogenannten >Erpresserstaaten<. Denn die Tatsache, daß die Ölstaaten am Golf nach Angaben von 1989 mit 1081 Mio. Tonnen Öl nur mit rund 67 % an der OPEC-Produktion (1552,8 Mio. Tonnen) und mit 35 % an der Weltölproduktion (3225,3 Mio. Tonnen) be- teiligt waren sowie lediglich 13,5 % des gesamten, aus 01, Gas, Kohle, Atom- und Hydroenergie bestehenden Weltprimärenergieverbrauchs (8013,3 Mio. Tonnen Öläquivalente) abdeckten, relativiert die ohnehin dramatisch über- bewertete Bedeutung der Golfregion für die Weltenergieversorgung. Des- wegen wird die Ölversorgung des Westens nicht bedroht oder gar zum Stocken kommen und braucht daher keine militärische Absicherung durch den Westen. Eine gegensätzliche Behauptung führt nur dazu, Ängste in der westlichen Bevölkerung zu schüren und damit die militärische Inter- vention am Golf zu rechtfertigen.940

Die eigentlichen Gründe für das Interesse der USA und der BusH-Regie- rung an dem Golfkrieg waren demnach:940

l. Vernichtung der aufsteigenden Militärmacht Irak, damit sie die von den Amerikanern beherrschte Golfregion nicht (indirekt) beeinflusse.

2. Beherrschung der Ölquellen in der Golfregion, damit die USA (und nicht die Golfstaaten) den Olpreis diktieren können. Somit konnten die USA durch die Kontrolle des Golföls die Hauptwirtschaftskonkurrenten Deutschland (EU) und Japan kontrollieren. Denn 90% des japanischen und immerhin 75 % des deutschen Olbedarfs kommen aus dem Mittleren Osten.942

3. Aktive Unterstützung Israels, des Hauptverbündeten der USA im Mitt- leren Osten. Durch die starke jüdische Lobby in den USA hatte die Füh- rung der USA keine andere Wahl, denn der amerikanische Präsident ist auf das Geld der starken jüdischen Wirtschaftsmacht im eigenen Land ange- wiesen.943 Israel hatte schon drei Jahre lang auf die irakische Gefahr hinge- wiesen und wünschte sich einen Krieg der USA gegen den Irak, um wieder die unangefochtene Militärmacht der Region zu sein.

4. Demonstration militärischer Stärke der USA zur Abschreckung anderer Staaten (oder revolutionärer Bewegungen) in der Golfregion, besonders jener, die sich gegen die Ziele der US-Außenpolitik im Mittleren Osten ge- wandt hatten oder dies in der Zukunft planen könnten.

5. Sicherung der geostrategischen Lage des Golfs mit der Stationierung von US-Stützpunkten, die auch nach dem Golfkrieg in der Region verstärkt wurden, in Saudi-Arabien, Bahrain, den Vereinten Arabischen Emiraten und Ägypten (Suez-Kanal).

6. Demütigung der islamisch-arabischen Masse und deren Fundamenta- listen in der Golfregion und der ganzen islamischen Welt.

7. Nutzung des Golfkriegs und der Golfregion, um US-Waffen zu testen, insbesondere nicht kriegserprobte, wie die Tomahawk Cruise Missiles, den F-117 Tarnkappen-Bomber (der bei der Panama-Invasion 1989 nur begrenzt eingesetzt worden war) oder die Patriot-Raketen als Anti-Raketen-Waffe. Hiermit konnte auch gleich bewiesen werden, daß die amerikanischen Waf- fen den anderen, besonders den sowjetrussischen, weitgehend überlegen waren. (Eine Tatsache, die der US-Regierung schon seit dem Korea-, dem Vietnam- und dem israelisch-arabischen Krieg bekannt war.) Es gab auch zumindest Indizien, daß das US-Militär Waffen zur Gedankenkontrolle an irakischen Soldaten erprobte, um diese aus ihren sicheren Bunkern heraus- zubekommen.

8. Die UNO unter amerikanische Kontrolle bringen, damit sie die Ag- gression gegen den Irak unterstütze und amerikanischen Interessen nutze.

9. Kuwait frei bomben, um den feudalen aristokratischen Herrscherclan der stark prowestlich war und enorme Investitionen im Westen getätigt hatte, wieder an die Macht zu bringen.'45

10. Die Rüstungsindustrie im eigenen Land retten, die nach dem Ende des Kalten Krieges schwer angeschlagen war und mit massiven Budget- kürzungen zu kämpfen hatte. Im selben Zusammenhang sind die späteren amerikanischen Waffenverkäufe in der Golfregion in Milliardenhöhe zu verstehen.gJ6

11. Von der Rezession und den steigenden sozialen Problemen im eige- nen Land ablenken, die der Busn-Administration schwer zu schaffen mach- ten. Diesbezüglich mehrten sich nach ARD-Meldungen die Stimmen in den USA, wonach der wirtschaftliche Niedergang der USA durch das siegrei- che Ende von >desert storm< (>Operation Wüstensturm<) gestoppt werde. In diesem Zusammenhang hoffte man, daß die beiden Wirtschaftskonkur- renten Japan und Deutschland als vorherrschende Weltmächte für das 21. Jahrhundert noch einmal überwältigt würden. (Der Busn-Plan funktionierte, nach Meinungsumfragen standen 91 % der Amerikaner hinter ihrem Präsi- denten, die höchste Mehrheit seit dem Zweiten Weltkrieg.9"7)

12. Eine >Neue Weltordnung< (>New worid order<) unter der Herrschaft der Amerikaner herbeiführen, die die bisherige bipolare Ost-West-Ordnung zugunsten einer unipolaren amerikanisch-zentrierten verdrängen würde.

13. Das sogenannte >Vietnam-Syndrom< (die Niederlage im Vietnamkrieg) überwinden und beseitigen, damit das amerikanische Militär in der ameri- kanischen Bevölkerung wieder salonfähig werde. In einer Rundfunkanspra- che erklärte BUSH seinen Soldaten: Dank für die Vertreibung des »Gespen- stes Vietnams 948

14. Lukrative Wiederaufbauaufträge im zerbombten Kuwait in Milliarden- höhe (die Amerikaner bekamen in der Tat 80 Prozent aller Wiederaufbau- aufträge im Kuwait, die auf 100 bis 200 Mrd. Dollar geschätzt werden) 949

15. Das Ende des Kalten Kriegs günstig nutzen: Nach dem Kalten Krieg befand sich die Sowjetunion militärisch und wirtschaftlich in einem akuten Schwächezustand, den die USA opportunistisch und geschickt zu nutzen gewußt hatten. Die Sowjetunion war zuvor als Schutzmacht des Iraks und dessen Hauptwaffenlieferant aufgetreten. Als die Golfkrise ausbrach, war sie aber nicht mehr in der Lage und auch nicht mehr gewillt, ihren ehema- ligen Verbündeten Irak zu schützen, was von der BusH-Regierung konse- quent ausgenutzt wurdet

16. Saddam HUSSEIN demütigen, ein wichtiges Ziel in den Augen der US- Führung: Damit sollte jeder Politiker, der sich mit Saddam HUSSEIN identifi- zierte, gewarnt werden. Die Botschaft, vor allem an die Adresse der Staa- ten der Dritten Welt, konnte nicht klarer und deutlicher sein: Ein antiame- rikanischer Führer müsse in der > Neuen Weltordnung< der USA mit schwer- wiegenden Repressalien rechnen.

17. Ihren arabischen Verbündeten, allen voran Saudi-Arabien, beweisen, daß im Falle einer Krise die arabischen Feudalherren und Aristokraten auf die USA setzen und zählen können.

18. Araber gegen Araber kämpfen zu lassen. Auf diese Weise glaubte die US-Machtelite, die Solidarität der Araber und ihrer Nationen am leich- testen zerstören zu können. Es war das erste Mal, daß arabische Nationen gegeneinander Krieg führten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie, vom ira- kischen Angriff auf den nichtarabischen Iran abgesehen, nur gegen Israel Krieg geführt.

19. Den Golfkrieg als einmalige Chance für die USA nutzen, sich als Welt- polizist zu engagieren und somit die Hegemonialherrschaft zu überneh- men, bevor mögliche Konkurrenten diese Rolle den USA streitig machen könnten. Die potentiellen Konkurrenten wären möglicherweise China, die EU oder ein erstarktes Rußland gewesen.951

20. Sanktionen als Druckmittel, auch nach dem Golfkrieg, gegen den Irak (also gegen das irakische Volk) durchsetzen, damit der Irak in einer ge- schwächten Dauerlage bleibe, weiterhin von westlicher Hilfe und Bankkre- diten abhänge und somit leicht von außen zu kontrollieren sei. Die US-Macht- elite träumt nach wie vor von einem Umsturz im Irak, von einem Regime wie zur Schah-Zeit, das sich ständig den US-Wünschen unterordnet.

21. Den Traum der US-Machtelite von der >Eine Welt-Regierung< durch- setzen. Dieser Grund darf auf keinen Fall unterschätzt werden, denn die >Eine Welt-Regierung< würde für die superreiche US-Machtelite der lang ersehnte unbeschränkte Zugriff auf alle Märkte dieser Welt bedeuten. Die >Eine Welt-Regierung< würde, wie bereits angedeutet, zur uneingeschränk- ten Kontrolle seitens der US-Machtelite (mit anderen Machteliten in der Welt, vor allem der britischen) über die Weltwirtschaft führen. Eine solche >Weltregierung< würde nämlich nicht zulassen, daß lästige Nationen Schutz- zölle und Tarife gegen eine übermächtige Nation (USA) oder Machtelite errichten. Keine Nation und keine Einzelperson könnte sich der Kontrolle dieser Machtelite über sämtliche Kredite und Geldbewegungen entziehen.952


Weiter mit: Die Vorbereitungen der Bush-Regierung auf den Golfkrieg