Frage:
Was sind
die Wurzeln des Israelisch-Palästinensischen Konflikts hinsichtlich
der jüngeren Geschichte?
Antwort: Während des 1. Weltkriegs
machte Großbritannien drei sich ausschließende Versprechungen
in Bezug auf das historische Palästina: erstens wurde den Arabischen
Führern die Unabhängigkeit des Landes versprochen; den Juden
machte man andererseits mit der sogenannten 'Balfour-Erklärung' Hoffnung
auf eine 'nationale jüdische Heimstätte' in Palästina, und
drittens schmiedete Großbritannien mit seinen Verbündeten insgeheim
Pläne, das ehemalige Ottomanische Reich unter sich aufzuteilen, wobei
Palästina dem Britischen Empire zugeschlagen werden sollte.
Historiker haben die diesbezüglich relevanten
Texte u. Landkarten eingehend studiert (u. kommen zu unterschiedlichen
Auffassungen.) Fest steht allerdings - und das ist die Hauptsache -, daß
Großbritannien in moralischer Hinsicht kein Recht hatte, Palästina
irgendwem zuzusprechen: vom rechtlichen Standpunkt aus gehörte Palästina
nämlich seinen Einwohnern.
Im späten 19. Jahrhundert wurde das Problem
des Antisemitismus in Rußland immer virulenter u. auch in Frankreich
tauchte es erneut auf. Einige Juden entwickelten hierauf die Idee des 'Zionismus',
weil sie glaubten, daß man als Jude letztendlich nur in seinem eigenen
'jüdischen Staat' dauerhaft sicher leben konnte. Die meisten Juden
jener Zeit lehnten den Zionismus allerdings ab u. wandten sich in ihrem
Kampf gegen Antisemitismus lieber revolutionären oder reformistischen
(politischen) Tendenzen zu oder aber sie assimilierten sich. Außerdem
waren viele gerade orthodoxe Juden (und unter ihnen vor allem auch die
kleine Gruppe der jüdischen Einwohner Palästinas) der Auffassung,
ein 'Judenstaat' könne nicht durch Menschenhand geschaffen werden
- das sei allein Gottes Sache.
Die Zionisten zogen zunächst auch andere Weltgegenden
für ihren zukünftigen 'Judenstaat' in Betracht, kamen aber aus
biblischen Erwägungen heraus wieder auf Palästina zurück.
Das Problem: obwohl die Zionisten den Slogan prägten: 'Ein Land ohne
Volk für ein Volk ohne Land' war d i e s e s Land (Palästina)
alles andere als leer.
Nach Ende des 1. Weltkriegs setzte Großbritannien
im 'Völkerbund' die Ver- fügung durch, daß Palästina
zu einem britischen 'Mandat' zu erklären sei (was bedeutet: eine Kolonie,
die von Großbritannien verwaltet u. auf ihre Unabhängigkeit
vorbereitet wird). Um seine Herrschaft über Arabisches Territorium
zu rechtfertigen, ging England zudem die Verpflichtung ein, u. a. auch
die Gründung einer 'nationalen jüdischen Heimstätte' voranzutreiben.
Frage: Wer waren die Juden, die (ursprünglich)
nach Palästina kamen?
Antwort: Die ersten Zionistischen Siedler
waren idealistische, oft sozialistisch geprägte Menschen, die vor
Unterdrückung geflohen waren. In dieser Hinsicht sind sie den ersten
Kolonialisten Amerikas nicht unähnlich. Aber ebenso wie diese hegten
auch viele der frühen Zionisten rassistische Vorurteile gegenüber
den Einheimischen u. verhielten sich deren Interessen gegenüber nicht
gerade rücksichtsvoll.!1
Aber es gab auch Zionisten, die an eine arabisch-jüdische
Kooperation (in Palästina) glaubten u. die für einen bi-nationalen
Staat eintraten. Die meisten aber favorisierten einen ausschließlich
jüdischen Staat (den sie jedoch zunächst als 'nationale jüdische
Heimstätte' deklarierten - um nämlich die Palästinenser
nicht gegen sich aufzubringen. Erst als genug Juden im Land waren, (wurde
der Staatsbegriff geprägt.)).
Die Immigration von Juden nach Palästina war
bis in die 30ger Jahre des 20sten Jahrhunderts hinein relativ eingeschränkt.
Das änderte sich mit der Macht- ergreifung Hitlers in Deutschland.
England u. die USA wollten die verzweifelten Juden nämlich nicht im
Land haben, so daß Palästina zu einer der wenigen Ausreiseoptionen
(für diese Juden) wurde.
Frage: Wer waren die ursprünglichen
(einheimischen) Einwohner Palästinas?
Antwort: Pro-Israelische Propaganda hat
schon immer gerne behauptet, die meisten Palästinenser seien erst
ab 1917 ins Land gekommen - angelockt durch den wirtschaftlichen Aufschwung
der wachsenden Jüdischen Gemeinde in Palästina nämlich -,
und daß die P. daher keinerlei Anrecht auf das Land hätten.
Dieses Argument wurde u.a. auch in Joan Peters Buch: 'From Time Immemorial'
herausgearbeitet, das große Verbreitung gefunden hat. Inzwischen
haben sich allerdings viele Behauptungen im Buch als falsch herausgestellt
- insbesondere obiges Argument.2
Die ursprünglichen Einwohner Palästinas
waren größtenteils Muslime, eine Minderheit war christlich,
eine weitere kleinere Minderheit war jüdischen Glaubens. Als die europäischen
Zionisten ins Land geströmt kamen, entwickelten die Muslime u. Christen
eine klare palästinensisch-nationale Identität.
Frage: Wie sind die Zionisten an palästinensisches
Land gekommen?
Antwort: Einiges an Land wurde (von den
Zionisten) illegal in Besitz genommen. Das Übrige wurde arabischen
Großgrundbesitzern abgekauft. Das Geld hierzu stellten reiche europäische
Juden zur Verfügung. Aber selbst dieser legal erworbene Besitz ist
noch moralisch fragwürdig, da diese Ländereien oftmals im Ausland
lebenden Besitzern abgekauft worden waren; die armen arabischen Bauern,
(die das Land bebaut hatten) verjagte man oft einfach.
Das auf diese Weise (in Palästina) erworbene
Land wurde anschließend dem 'Jüdischen Nationalfond' einverleibt,
so daß es nie mehr an Araber verkauft oder verpachtet werden konnte.
Aber trotz all dieser Aufkäufe waren die Juden noch 1947 lediglich
im Besitz von etwa 6 Prozent des (palästinensischen) Landes.
Frage: War die Ablehnung des Zionismus durch
die Palästinenser nicht doch Ausdruck ihres Antisemitismus?
Antwort: In der Arabischen Welt spielte
der Antisemitismus von jeher eine wesentlich geringere Rolle als in Europa.
Vor der Zionistischen Immigrationsbewegung waren die Beziehungen zwischen
den verschiedenen Religionsgruppen in Palästina relativ harmonisch
gewesen. Natürlich gab es auch in Palästina antisemitische Ressentiments,
aber andererseits: welches Volk würde es schon begrüßen,
daß ein anderes Volk in sein Land einreist, um dort einen eigenen
souveränen Staat zu errichten? Die Vertreibung (palästinensischer)
Bauern von ihrem Land sowie die Weigerung vieler Zionisten, Araber zu beschäftigen,
trug weiter zu einer Verschlechterung des Klimas bei.
Frage: Welche Rolle spielte der 2. Weltkrieg
für die Palästina-Frage?
Antwort: Als der 2. Weltkriegs heraufzog,
glaubte Großbritannien verrückterweise, zwar die Juden (politisch)
vernachlässigen zu können (die würden ja schließlich
nicht zu Hitler überlaufen), keineswegs jedoch die Araber - dito ließ
England kaum noch Juden nach Palästina einreisen. Dies passierte genau
in jenem Moment (der Geschichte), als die Juden Europas das sichere Palästinensische
Asyl am dringendsten gebraucht hätten. Viele Juden schafften es aber
trotzdem, heimlich einzureisen. Die USA u. viele andere Länder hatten
ihre Grenzen für die verzweifelten (jüdischen) Flüchtlinge
hingegen praktisch dichtgemacht.
Nach Ende des Kriegs - wie das ganze schreckliche
Ausmaß des 'Holocausts' endlich sichtbar wurde -, entwickelte sich
der Zionismus in der internationalen jüdischen Gemeinschaft erstmals
zur Massenbewegung. Auch viele christliche Amerikaner unterstützten
jetzt den Z.- um einerseits nämlich ihr schlechtes Gewissen (gegenüber
den Juden) zu beruhigen u. um andererseits nicht noch mehr Juden ins Land
(USA) lassen zu müssen.
Und die Zionisten in den USA (sie hatten während
des 2. Weltkriegs ja die Rettung der europäischen Juden dem Ziel der
Errichtung eines jüdischen Staats untergeordnet 3), argumentierten
jetzt plötzlich: der 'Holocaust' hat eindeutig bewiesen, wie notwendig
ein 'jüdischer Staat' ist, denn: hätte es Israel bereits 1939
gegeben, wären Millionen Juden gerettet worden. Tatsache ist allerdings,
daß Palästina (während des Kriegs) nur knapp einer Invasion
durch die Nazis entging, folglich wären die Juden in den USA weit
sicherer aufgehoben gewesen als in einem jüdischen Staat Palästina.
Während des Kriegs hatten sich viele Juden
in Palästina der Britischen Armee angeschlossen. Auf diese Weise war
die jüdische Gemeinschaft nach dem Krieg gut bewaffnet u. (militärisch)
bestens organisiert; außerdem war sie äußerst kampfentschlossen.
Die Palästinenser hingegen waren kaum bewaffnet u. standen noch unter
der Knute ihrer Feudalherren.
Der Mufti von Jerusalem war von den Briten ins
Exil geschickt worden, da er zwischen 1936 u. 1939 einen Araberaufstand
unterstützt hatte. Während des Kriegs war er nach Berlin gekommen
u. ließ sich dort vor den Propaganda-Karren der Nazis spannen. Für
die Zionisten stellte die extremistische Haltung des Mufti einen Gewinn
dar - zumal er ja als Führer der Palästineser betrachtet wurde.
Wie hat es David Ben Gurion, der Führer der Jüdischen Gemeinde
in Palästina u. spätere erste Premierminister Israels damals
(1938) ausgedrückt: "Verlaßt euch nur ganz auf den Mufti!"4
Frage: Welche unterschiedlichen (politischen)
Positionen gab es 1947?
Antwort: Den Palästinensern wie Zionisten
war eines gemeinsam: sie wollten die Briten aus dem Land haben, um endlich
ihren eigenen Staat errichten zu können. Die Zionisten - und unter
ihnen vor allem eine rechte Gruppierung unter Führung Menachem Begins
-, initiierten daher eine Terrorkampagne gegen die Briten. Großbritannien
war infolge des Kriegs verschuldet u. nicht in der Lage, sich effektiv
zu verteidigen. Aus diesem Grund wollte es jetzt die Verantwortung für
das Palästina-Problem auf die UNO abwälzen (allerdings hatte
England auch Geheimpläne, um seine Macht in der Region doch noch sichern
zu können).
Die Zionisten stellten sich auf den Standpunkt:
wir Juden haben eine der größten Katastrophen der modernen Geschichte
durchlitten - folglich haben wir jetzt ein Anrecht auf unseren eigenen
Staat. Und in diesen Staat sollten auch all diejenigen jüdischen Flüchtlinge
integriert werden, die bislang noch in den Flüchtlingslagern ('displaced
persons camps') Europas schmachten mußten. Die Grundforderung der
Zionisten war ein souveräner Staat, mit absoluter Selbstbestimmung
in Immigrationsfragen. Die Palästinenser hingegen argumentierten,
daß die Katastrophe der europäischen Juden schließlich
nicht ihr Problem sei. Wenn die Juden tatsächlich das Recht auf einen
eigenen Staat hätten, so sollten sie ihn sich doch gefälligst
aus Deutschland herausschneiden. Schließlich hatte Palästina
mehr jüdische Flüchtlinge aufgenommen als irgendein anderes Land
sonst auf der Welt. Warum also sollten die Palästinenser die ganze
Sünden-Bürde Europas auf sich nehmen? In einem künftigen
souveränen Staat Palästina (so weit ging das Angebot der Palästinenser
jedoch) sollte der jüdischen Minderheit volles Bürgerrecht gewährt
werden (aber kein Recht auf nationale Selbstbestimmung). Auch sollten die
Juden nicht über Immigrationsfragen zu bestimmen haben - weil sie
dann, so die Befürchtung, so lange jüdische Glaubensgenossen
ins Land holen würden, bis die Juden die Majorität stellten u.
den Staat folglich übernehmen könnten.
Eine kleine Gruppe Links-Orientierter unter den
Zionisten sprach sich für einen bi-nationalen Staat Palästina
aus. In diesem Staat sollten beide Gruppen als gleichberechtigte nationale
Volksgruppen zusammenleben. Diese Haltung fand nur wenig Anhängerschaft
- sowohl unter den Juden als auch den Palästinensern.
Frage: Was hat die UNO getan, u. warum?
Antwort: Im November 1947 beschloß
die UNO-Vollversammlung, Palästina in zwei un- abhängige Staaten
aufzuteilen: in einen Jüdischen u. in einen Arabischen Staat. Beide
Staaten sollten eine Wirtschaftsgemeinschaft bilden; Jerusalem sollte unter
internationale Kontrolle gestellt werden.
Die Situation damals: die UNO hatte wesentlich
weniger Mitglieder als heute, da die meisten sogenannten 'Dritte-Welt-Länder'
damals ja noch Kolonien waren u. folglich keine Mitglieder der UN. Dennoch
kam die Teilungsentscheidung bzgl. Palästina nur zustande, weil auch
die Sowjetunion u. ihre Verbündeten dem Plan zustimmten u. weil man
vorher verschiedene kleinere Länder (der UN) unter unzulässigen
Druck gesetzt hatte.
So machten US-Kongress-Abgeordnete z.B. der Philippinischen
Regierung unmißverständlich klar, ihr Land würde keine
US-Wirtschaftshilfe (mehr) erhalten, sollte sie nicht für die Teilung
stimmen. Moskau versprach sich von der Teilung Palästinas einen reduzierten
Einfluß der Briten auf Nahost. Außerdem wurde (ein zukünftiges)
Israel potentiell als weniger pro-westlich eingestuft als die starken Feudalmonarchien
in der Region.
Frage: Aber hatten die Palästinenser
1947 nicht doch die Chance auf einen eigenen Staat u. haben sie diese Chance
nicht dadurch verspielt, daß sie mit Israel Krieg angefangen haben?
Antwort: Noch 1947 machten die Juden lediglich
ein Drittel der Bevölkerung Palästinas aus, das über 6 Prozent
des Landes verfügte. Der Teilungsplan sah jedoch vor, daß der
zukünftige jüdische Staat 55 Prozent des Gesamt-Territoriums
erhalten sollte. Für die Bevölkerungsverteilung hätte dies
folgendes bedeutet: der arabische Staat Palästina würde aus einer
überwiegend arabischen Bevölkerung bestanden haben, wohingegen
die Einwohnerschaft des jüdischen Staats fast zu gleichen Teilen aus
Arabischstämmigen (Palästinenser) u. Juden bestanden hätte.
Wenn also die Vorstellung, daß die 1/3 Minderheit der Juden in einem
Araberstaat Palästina leben sollte, als 'ungerecht' empfunden wurde,
so war es doch mindestens ebenso unfair, von den Arabern (in Palästina)
zu erwarten, als fast 50 prozentige 'Minderheit' in einem 'jüdischen
Staat' zu leben.
Die Palästinenser lehnten den Teilungsplan
ab. Die Zionisten akzeptierten den Plan zwar, im Geheimen hatten deren
Führer jedoch längst weitergehende Ziele anvisiert. 1938, als
es schon andere Teilungspläne gegeben hatte, sagte Ben Gurion: "Wenn
wir nach Staatsgründung erst zu einer starken Macht geworden sind,
werden wir die Teilung wieder abschaffen u. uns in ganz Palästina
ausbreiten". 5
Der Mufti rief die Palästinenser zum Krieg
gegen den Teilungsplan auf, aber nur sehr wenige waren bereit, ihm zu folgen.
"Die große Mehrheit" der Palästinenser, so Ben Gurion vertraulich,
"wollen nicht gegen uns kämpfen". Die Mehrheit "akzeptiert die Teilung
als ein 'Fait accompli'", so ein Zionistischer Experte für Arabische
Angelegenheiten damals.
Anders als der Araberaufstand 1936-1939 gegen die
Briten, der die Massen ja mobilisiert hatte, fanden die kriegerischen Auseinandersetzungen
zwischen den Anhängern des Mufti u. der Zionistischen Armee wenig
Rückhalt in der Bevölkerung (Palästinas).6
Aber selbst wenn es tatsächlich anders gewesen
wäre u. die palästinensische Bevölkerung geschlossen gegen
den Teilungsplan in den Krieg gezogen wäre, so stellte dies noch lange
keine moralische Rechtfertigung dafür dar, den Pa- lästinensern
noch über 50 Jahre später ihr Grundrecht auf Selbstbestimmung
vorzuenthalten. Denn 'Selbstbestimmung' ist ja nicht Teil dieses oder jenes
Vertrags, vielmehr, wie gesagt, ein Grundrecht, auf das jede Person Anrecht
hat (zudem: die Bürger Israels verlieren ihr Selbstbestimmungsrecht
ja auch nicht dadurch, daß ihre Regierungen zahllose UN-Waffenstillstands-Resolutionen
mißachtet haben).
Frage: War es nicht so, daß Israel
größer wurde, weil es seine Grenzen 1948 in einem rein defensiven
Unabhängigkeitskrieg erweitern konnte?
Antwort: Nachdem Israel sich unabhängig
erklärt hatte, überschritten am 15. Mai 1948 die Arabische Armeen
seine Grenzen. Aber: die Unabhängigkeitserklärung Israels erfolgte
3 1/2 Monate vor dem im offiziellen Teilungsplan vorgesehenen Datum. Die
Amerikaner hatten einen dreimonatigen Waffenstillstand vorgeschlagen; im
Gegenzug sollte Israel seine Unabhängigkeit verschieben.
Die Araber stimmten dem zu, aber Israel hatte abgelehnt
(wohl auch, weil es mit dem Jordanischen Herrscher, König Abdullah,
ein geheimes Abkommen getroffen hatte, demgemäß Abdullahs 'Arabische
Legion' in den arabischen Teil Palästinas einmarschieren sollte (der
als zukünftiger Palästinenserstaat designiert war). Den jüdischen
Staat sollte Jordanien verschonen. Da Jordanien damals treuer Verbündeter
Großbritanniens war, kam diese Regelung auch London sehr zustatten:
es hätte auf diese Weise seinen Einfluß in der Region behalten
können). Die andern Arabischen Staaten griffen den neugegründeten
Staat Israel daher also nicht nur deshalb an, um ihm eine schwere Niederlage
beizubringen, sondern wohl auch, um König Abdullahs Pläne durchkreuzen
zu können.7
Die meisten Kämpfe während des Kriegs
fanden ja auf dem Territorium des arabischen Palästina sowie auf dem
des internationalisierten Jerusalem statt. Israel kämpfte daher keineswegs
primär ums Überleben, sondern war sogar noch in der Lage, seine
Grenzen zu erweitern (auf Kosten der Palästinenser).
Fast während des gesamten Kriegs war Israel
sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht die überlegene
Partei - und das ganz abgesehen davon, daß die Arabischen Armeen
unkoordiniert agierten u. sich oft gegenseitig behinderten.8 Als es 1949
schließlich zu einem Waffenstillstand kam, hatte der palästinensische
Staat faktisch aufgehört zu existieren; sein Territorium war aufgeteilt
zwischen Israel u. Jordanien, der Gazastreifen wurde von Ägypten kontrolliert.
Jerusalem, eigentlich internationaler Kontrolle
unterstellt, wurde zwischen Israel u. Jordanien aufgeteilt. Israel besaß
jetzt auf einen Schlag 78 Prozent des Territoriums Palästinas. Ungefähr
700 000 Palästinenser wurden vertrieben.
Frage: Warum wurden die Palästinenser
1948 überhaupt zu Flüchtlingen?
Antwort: Israelische Regierungen behaupten
immer wieder, die Palästinenser hätten Palästina damals
freiwillig verlassen. Sie wären dazu mittels Radioaufrufen animiert
worden - durch die Führer der Arabischen Welt nämlich, die auf
diese Weise den Weg freimachen wollten für ihre vorrückenden
Armeen.
Aber Radiosendungen (in Palästina) standen
damals ja noch unter Aufsicht der Britischen bzw. Amerikanischen Regierung,
u. es gibt keine Beweise für eine Generalorder zur Flucht an die Palästinenser.
Eher schon ist das Gegenteil der Fall: immer wieder riefen Arabische Führer
die Palästinenser ja dazu auf, tunlichst im Land zu bleiben - um nämlich
ihren Anspruch auf das Territorium nicht zu verlieren.9
In Kriegszeiten gibt es immer verschiedene Gründe,
warum Menschen fliehen - so sicher auch in diesem Fall. Einige Palästinenser
sind wohl geflohen, weil Kriegsgebiete grundsätzlich gefährliche
Aufenthaltsorte sind. Aber einige flohen auch vor Zionistischen Greueln;
eines der schlimmsten wurde 1948 in Deir Yassin verübt, wo 254 wehrlose
Zivilisten einfach hingeschlachtet wurden. Viele Palästinenser flohen
in Panik, wobei manchmal auch 'psychologische Kriegsführung' vonseiten
der Zionisten eine Rolle gespielt haben mag. So warnte man die Leute beispielsweise,
es könne ihnen ergehen wie denen in Deir Yassin. Manche Palästinenser
vertrieb man aber auch mit brutaler Waffengewalt - wobei Menschen nur deshalb
erschossen wurden, damit die andern umso schneller rannten (so geschehen
in den Städten Ramle u. Lydda).10
Es gibt heutzutage keinen ernsthaften Zweifel mehr
daran, daß viele der palästinensischen Flüchtlinge damals
mit Gewalt vertrieben worden sind. Die genaue Zahl derer, die richtiggehend
vertrieben wurden - versus derer, die einfach nur in kopfloser Panik flohen
oder einen sicheren Ort zum Leben suchten -, ist allerdings umstritten.
Andererseits: allein die Tatsache, daß keinem von ihnen vonseiten
der Israelischen Regierung je die Erlaubnis zur Rückkehr erteilt wurde,
beweist schon, daß sie allesamt Opfer einer 'ethnischen Säuberung'
waren (zum Vergleich: im Fall Kosovo wurde jedem Albanischen Flüchtling
ein Rückkehrrecht zugestanden - ganz gleich, ob er/sie nun tatsächlich
mit Waffengewalt vertrieben worden war oder nur in Panik geflohen bzw.
weggezogen, um der Nato das Bomben zu erleichtern). In Israel hingegen
wurden ganze arabische Dörfer niedergewalzt, Zitronenhaine, Felder
u. Besitz beschlagnahmt, wobei man den Besitzern bzw. Bewohnern das Zurückkehren
eindeutig verbot. Aber damit nicht genug: nicht nur Land von 'Abwesenden'
wurde beschlagnahmt, selbst Palästinenser, die im Verlauf des Kriegs
nur von einem Ort innerhalb Israels zum nächsten wechselten, wurden
enteignet - man erklärte sie ganz einfach zu 'anwesenden Abwesenden'.
Von den 860 000 Arabischstämmigen, die auf
jenem palästinensischen Territorium gelebt hatten, das nun zum Staate
Israel gehörte, blieben nur ganze 133 000 im Land. 470 000 der Palästinenser
verschlug es in Flüchtlingslager in der West Bank (damals unter Jordanischer
Kontrolle) oder in den Gazastreifen (damals unter Ägyptischer Kontrolle).
Der Rest wurde über Libanon, Syrien u. andere Länder verstreut.
Frage: Warum hat Israel die Palästinenser
überhaupt vertrieben?
Antwort: Teils geschah dies, um keine 'fünfte
Kolonne' (der Arabischen Welt) im Land zu haben; teils geschah dies, um
an palästinensisches Land zu kommen; teils geschah dies aber auch
nur, um Platz für neue jüdische Immigranten zu schaffen. Aber
der Hauptgrund bestand wohl darin, daß eine starke nicht-jüdische
Minorität wohl kaum zur Idee eines jüdischen Staats Israel gepaßt
hätte u. dessen Führer dies nur schlecht hätten verkaufen
können.
Außerdem war die Situation die: dadurch daß
sich Israel (durch den Krieg) Territorium verschafft hatte, das eigentlich
für den zukünftigen Staat Palästina bestimmt war (u. auf
dem deshalb sehr viele Araber lebten), wäre (ohne die Vertreibungen)
eine Majorität an Arabern innerhalb der Grenzen Israels zustandegekommen.
Zudem ist es unrichtig, daß die Idee zur
Vertreibung von Palästinensern erst während des Kriegs 1948 entstand.
Bereits 1937 schrieb Ben Gurion ja an seinen Sohn: "Wir werden die Araber
aus dem Land werfen u. ihren Besitz übernehmen... wenn nötig
auch mit Gewalt."11
Frage: Wie ist die internationale Gemeinschaft
mit dem Problem der Palästinensischen Flüchtlinge umgegangen?
Antwort: Im Dezember 1948 verabschiedete
die UN-Vollversammlung die Resolution 194, in der festgelegt wurde: "Flüchtlinge,
die heimkehren wollen u. willens sind, mit ihren Nachbarn in Frieden zu
leben, müssen hierzu auch das Recht erhalten", und: "diejenigen, die
nicht zurückkehren wollen, müssen für ihren verlorenen Besitz
finanzielle Kompensation erhalten". Diese Resolution wurde Jahr um Jahr
immer wieder mit überwältigender Mehrheit bestätigt. Aber
Israel weigerte sich fortgesetzt, die Bestimmungen umzusetzen.
Frage: Haben die Arabischen Staaten Schritte
unternommen, um die Palästinensischen Flüchtlinge wiederanzusiedeln?
Antwort: Nur in Jordanien wurde den Palästinensern
ein Bürgerrecht zugestanden. Im Libanon befürchtete die Regierung,
daß durch eine Einbürgerung der Palästinenser, das fragile
Gleichgewicht zwischen Christen u. Muslimen gestört werden könnte.
In Ägypten spielte der Mangel an bebaubarem Land eine Rolle bei der
Regierungsentscheidung, die Palästinenser im Gazastreifen zu belassen.
Dazu muß ergänzend gesagt werden, daß die Palästinenser
selber ihre (Flüchtlings-)Lager oft gar nicht verlassen wollten -
wenn Weggehen nämlich gleichbedeutend war mit der stillschweigenden
Aufgabe ihres Landbesitzes bzw. ihrer Häuser oder mit dem Verzicht
auf ein Rückkehrrecht.
Manchmal wird argumentiert, die mangelnde Unterstützung
der Arabischen Staaten für die Palästinenser rechtfertige ja
Israels beständige Weigerung, die Ansprüche der (palästinensischen)
Flüchtlinge anzuerkennen u. zu erfüllen. Aber wenn man jemandem
Schaden zufügt, so ist man auch für dessen Regulierung zuständig
u. kann nicht ständig auf die (reiche) Verwandtschaft des Opfers verweisen.
Frage: Gab es da nicht einen 'Bevölkerungsaustausch'
- indem Juden aus Arabischen Staaten statt der Palästinenser nach
Israel kamen?
Antwort: Dieses Argument würde bedeuten:
der einzelne Palästinenser / die einzelne Palästinenserin ist
dafür verantwortlich, daß Arabische Regime Juden Unrecht antaten.
Tatsache ist, daß Juden ihre arabischen Länder aus den unter-
schiedlichsten Gründen verließen: einige wurden vertrieben,
andere gingen freiwillig, wieder andere wurden durch Zionistische Behörden
(für Israel) angeworben.
So hatten beispielsweise die Irakischen Juden Angst
um ihre körperliche Unversehrtheit (diese Angst wurde möglicherweise
durch Bomben verstärkt, die Zionistische Agenten hochgehen ließen.12).
Aber ganz abgesehen von alledem: es gibt keine
moralische Rechtfertigung, die Palästinenser dafür zu bestrafen
(respektive ihnen Rechte vorzuenthalten), daß Juden in der Arabischen
Welt schlecht behandelt worden sind. Wenn beispielsweise der Staat Italien
Amerikanische Bürger mißhandeln würde, dann könnten
die USA doch wohl kaum hergehen u. ihre Italo-Amerikanischen Mitbürger
mißhandeln bzw. ausweisen.
Frage: Wie wurden die Palästinenser
behandelt, die in Israel verblieben sind?
Antwort: Die meisten Arabischstämmigen
(in Israel) lebten in Grenzgebieten, u. bis 1966 waren diese Grenzgebiete
ja allesamt 'militärische Sicherheitszonen' - was für die dort
lebenden Palästinenser bedeutete, daß sie fast 20 Jahre lang
unter 'Kriegsrechts'-Bedingungen leben mußten.
Aber auch nach 1966 wurden die arabischstämmigen
Bürger Israels vehement diskriminiert. Fast das gesamte Land gehört/gehörte
ja inzwischen dem 'Jüdischen Nationalfond', der es ausdrücklich
verbot, Land an Nicht-Juden zu verkaufen oder auch nur zu verpachten. Die
Schulen für palästinensische Kinder in Israel sind nach den Worten
des 'Human Richts Watch' 'segregativ u. ungleich'. Die Staatsausgaben werden
so gelenkt, daß die arabischen Dörfer (nichts davon abbekommen)
u. daher unterentwickelt bleiben. Tausende von Israelischen Arabern leben
in offiziell 'nicht anerkannten' Dörfern, in denen es folglich keine
Elektrizität oder sonstigen staatlichen Dienst- leistungen gibt.13
Frage: Nach 1948: haben da die Arabischen
Staaten nicht kontinuierlich weiterversucht, Israel zu zerstören?
Antwort: Nach Israels Sieg im Krieg 1948-1949
gab es mehrfach Möglichkeiten für einen (dauerhaften) Frieden.
Alle Parteien haben Chancen verpaßt, aber die Kompromißlosigkeit
Israels war sicherlich eines der Haupthindernisse. So wurde 1951 ein Friedensvorschlag
der UN zwar von Ägypten, Syrien, Libanon u. Jordanien akzeptiert,
von Israel hingegen abgelehnt.
Als in Ägypten Gamal Abd- el-Nasser an die
Macht kam, machte er verschiedene Angebote an Israel, die aber alle zurückgewiesen
wurden. Während Nassers Verhandlungen mit den Briten über ein
Ende der britischen Kontrolle über die Suezkanal-Zone, entwarf der
Israelische Geheimdienst einen Geheimplan für Bombenanschläge
auf Westliche Ziele in Ägypten, um so die Briten doch noch von einem
Abzug abzuhalten. Die Verschwörung flog auf, Ägypten exekutierte
einige der Verantwortlichen, u. die Israelis rächten sich mit einer
militärischen Großoffensive in den Gazastreifen (der ja unter
Ägyptischer Kontrolle stand).14
1956 verbündete sich Israel mit Großbritannien
u. Frankreich zur Invasion Ägyptens - die von den USA u. von der UNO
scharf verurteilt wurde.
Frage: Wie wurden die 'Besetzten Gebiete'
damals eigentlich genau besetzt?
Antwort: Im Juni 1967 fing Israel einen
Krieg an, in dessen Verlauf es ganz Palästina - also die West Bank
(bisher Jordanien), Ost-Jerusalem (bisher Jordanien), den Gazastreifen
(bisher Ägypten), den Sinai (bisher Ägypten) sowie die Golanhöhen
(bisher Syrien) - einnahm. Eine große Anzahl Palästinenser (ansässig
in Städten, Dörfern aber auch in Flüchtlingslagern) geriet
auf diese Weise unter Israelische Kontrolle (im Jahr 2001 war noch immer
die Hälfte der P. der 'Besetzten Gebieten' in Flüchtlingscamps
ansässig.15). Zudem setzte der Israelische Eroberungsfeldzug eine
neue palästinensische Flüchtlingswelle Richtung Nachbarstaaten
in Bewegung.
Israels Freunde argumentieren gerne, daß
obgleich Israel in diesem Krieg den ersten Schuß abfeuerte, es sich
dennoch um einen gerechtfertigten Präventivkrieg gehandelt habe, da
die Arabischen Armeen ja schließlich mit mörderischem Kriegsgeschrei
an Israels Grenzen aufmarschiert seien. Das mit dem markerschütternden
Kriegsgetöse stimmt zwar, u. viele Menschen in der Welt machten sich
damals auch große Sorgen um Israels Sicherheit. Aber wer militärisch
im Bilde war - in Tel Aviv wie im Pentagon - mußte ganz genau wissen,
daß selbst wenn die Araber einen Erstschlag durchführen würden,
Israel trotzdem gesiegt hätte. Ägyptens Präsident Nasser
hatte nach einem Ausweg gesucht u. seinen Vize-Präsidenten nach Washington
entsandt, um Verhandlungen anzuregen. In diesem Moment griff Israel an
- wohl auch, weil es derartige Verhandlungen verhindern wollte bzw. einen
Kompromiß, der es Nasser erlaubt hätte, sein Gesicht zu wahren.
Menachem Begin - ein Kriegsfanatiker, nicht nur in diesem Konflikt - hat
gewußt, daß Israel dieser Krieg nicht auf- gezwungen würde.
Begin im Juni 1967 (damals Minister ohne Geschäftsbereich): Israel
hat "die Wahl". Ein Ägyptischer Truppenaufmarsch mußte nämlich
nicht zwangsläufig bedeuten, daß Nasser auch tatsächlich
angreifen würde. "Wir müssen ehrlich mit uns sein: wir haben
entschieden, ihn anzugreifen".16
Aber selbst wenn der 1967-Krieg vonseiten Israels
tatsächlich ein reiner Verteidigungskrieg gewesen wäre, rechtfertigte
dies Israels fortgesetzte Herrschaft über die Palästinenser noch
lange nicht. Ein Volk (Palästinenser) verliert nicht automatisch sein
Recht auf Selbstbestimmung, nur weil ein benachbarter Staat einen Krieg
angefangen hat.
Bestraft lieber Ägypten u. Jordanien - verweigert
ihnen Gaza u. die West Bank (auf die diese Staaten ohnehin kein Anrecht
haben, schließlich hatten sie ja gemeinsam mit Israel das für
einen Palästinenserstaat vorbestimmte Gebiet unter sich aufgeteilt
- eines Palästinenserstaats, wie ihn der Teilungsplan der UNO von
1947 vorsah u. der von Anfang an ja eine Totgeburt war). Aber für
eine Bestrafung des Palästinensischen Volks gibt es, wie gesagt, keinerlei
Grund. Man kann die P. nicht zwingen, sich mit der Militärbesatzung
durch eine fremde Herrschaft abzufinden.
Sofort (nach dem 'Sechstagekrieg') wurde das besetzte
Ost-Jerusalem zu einem vollwertigen Teil Israels erklärt - Jerusalem
wäre jetzt die ungeteilte u. ewige Hauptstadt Israels, so hieß
es (vonseiten Israels). Danach begann Israel mit dem Bau Israelischer Siedlungen
in den neubesetzten Gebieten - ein Vorgehen das eindeutig gegen die 'Genfer
Konvention' verstieß - die es einer Siegermacht ja verbietet, die
eigene Bevölkerung auf erobertem Gebiet anzusiedeln. Sinn dieser Siedlungen
- an strategischen Orten überall in der West Bank u. in Gaza errichtet
- war es, vor Ort 'Fakten zu schaffen' u. die Okkupation dadurch unumkehrbar
zu machen.
Frage: Wie reagierte die internationale
Gemeinschaft auf die Israelische Besatzung?
Antwort: Im November 1967 verabschiedete
der UN-Sicherheitsrat einstimmig die Resolution 242. Diese Resolution bekräftigt:
"daß es nicht zugelassen werden darf, daß mittels Krieg Gebiete
hinzugewonnen werden" u. rief (Israel) dazu auf, "die Israelischen Streitkräfte
von Territorium abzuziehen, das sie während des jüngsten Kriegs
besetzten". Außerdem werden (in der Resolution) sämtliche Staaten
in der Region aufgefordert, ihren Kriegszustand aufzuheben u. das Recht
jeden Landes anzuerkennen, "in Frieden u. innerhalb sicherer u. anerkannter
Grenzen zu leben".
Israel legte die Resolution 242 allerdings so aus,
daß darin lediglich von 'Territorium' die Rede sei - u. nicht etwa
von 'd e m Territorium' (das es seit dem letzten Krieg besetzt hielt).
Dadurch, so Israel, könne es (im Einklang mit der R.) einen Teil der
Territorien zurückbehalten - nämlich um 'sichere Grenzen' zu
erlangen. Sicher ist: die russische bzw. französische Version der
Resolution enthalten beide den 'bestimmten Artikel'; aber davon einmal
abgesehen, haben damals US-Offizielle gegenüber den Arabischen UN-Delegierten
bestätigt, daß von Israel ein "praktisch kompletter Rückzug"
erwartet werde, und dahingehend war auch die Haltung von Großbritannien,
Frankreich sowie der Sowjetunion.17
Die Palästinenser waren mit der Resolution
nicht einverstanden, weil sie darin lediglich als 'Flüchtlingsproblem'
vorkamen ("eine gerechte Lösung für das Flüchtlingsproblem").
Ein Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung wurde nicht anerkannt.
Allerdings war es anschließend schon Mitte der 70ger Jahre internationaler
Konsensus (mit Ausnahme der USA u. Israels), die Idee eines Palästinenserstaats
zu unterstützen - eines Palästinenserstaats, bestehend aus dem
Gazastreifen u. der West Bank - nur gerinfügige 'Grenzanpassungen'
sollten eventuell noch möglich sein.
Frage: Wie reagierten die USA auf die Israelische
Okkupation?
Antwort: Vor 1967 war Frankreich, und nicht
etwa die USA, Israels Hauptwaffenlieferant gewesen. Aber jetzt (nach dem
'Sechstagekrieg') gelangte die US-Regierung zu der Überzeugung, Israel
könne zu einem extrem wertvollen Bündnispartner in der Nahost-Region
werden, und so entwickelte sich Washington zu Israels wichtigstem militärischen
u. diplomatischen Rückhalt.
Aber warum unterstützten die USA gerade Israel
- wo es ihnen doch hauptsächlich um das Öl in der Region ging?
Diese Frage impliziert, daß der Hauptkonflikt entlang der Linie 'Israel
versus Araber' verlief. Falsch, die Frontlinien verliefen ganz anders:
'Israel plus konservative pro-westliche Arabische Regime versus radikaler
arabischer Nationalismus.' Herausragende Vertreter letzterens waren vor
allem Syrien u. Ägypten, die ja durch die Sowjetunion militärisch
ausgerüstet wurden und eine Gefahr für die US-Interessen in der
Region darstellten (Ende 1967 unterstützten Ägypten u. Saudi
Arabien unterschiedliche Seiten im Jemenitischen Bürgerkrieg (militärisch),
1948 hatten Israel u. Jordanien zusammen ein Komplott gegen einen möglichen
Palästinenserstaat geschmiedet, und 1970 wäre Israel erneut bereit
gewesen, für die Jordanische Seite Partei zu ergreifen, als Jordanien
nämlich Krieg mit den Palästinensern u. den Syrern führte).
Auf diesem Hintergrund gingen die USA bald schon
auf diplomatische Distanz zur weltweit akzeptierten Interpretation von
UN-Resolution 242 - und entschieden nun, daß aufgrund Israels gewaltiger
militärischer Dominanz in der Region, (weitere) Verhandlungen unnötig
seien - es sei denn, sie fänden zu Israels Bedingungen statt.
Und als der Amerikanische Außenminister Rogers
einen eigentlich ganz brauchbaren Friedensplan (für Nahost) vorlegte,
ließ Präsident Nixon die Israelis privat wissen, daß er
bzw. die USA nicht unbedingt auf dessen Umsetzung bestünden.18
Als Anwar as-Sadat, Nassers Nachfolger als Ägyptischer
Staatschef, einen Friedensplan vorlegte (mit dem er zusätzlich auch
noch mit Moskau brach), entschieden die USA, Sadat wäre noch nicht
massiv genug zu Kreuze gekrochen u. ignorierten sein Angebot einfach. Erst
als Ägypten u. Syrien erneut einen begrenzten Krieg mit Israel anfingen
- um nämlich ihr verlorenes Territorium zurückzugewinnen (und
damit scheiterten) - u. erst als hierauf die arabischen Ölstaaten
ein begrenztes Ölembargo verhängten, überdachte Washington
seine Position erneut. Dies führte 1979 zum Camp-David-Abkommen zwischen
Israel u. Ägypten: Israel gab den Sinai zurück u. bekam dafür
im Gegenzug Frieden u. (normale) diplomatische Beziehungen zu Ägypten.
Als Folge dieser Entwicklung wurde Ägypten
neben Israel zum wichtigsten Eckpfeiler der US-Politik in der Region. Im
Gegenzug wurden Israel u. Ägypten die Hauptprofiteure von US-Hilfe
weltweit.
Frage: Welche Fortschritte erreichten die
Bemühungen um Gerechtigkeit für die Palästinenser während
der ersten zwei Dekaden der Okkupation?
Antwort: Die 'Palästinensische Befreiungsorganisation'
(PLO) wurde 1964 gegründet, aber bis 1969, als nämlich Jassir
Arafat ihr Führer wurde, war die PLO von den Arabischen Staaten kontrolliert.
Die PLO war von Anfang an eine inhomogene Organisation, gegliedert in viele
unterschiedliche Fraktionen, die (zur Erreichung ihrer Ziele) unterschiedliche
Strategien (einige entführten sogar Flugzeuge) verfolgten u. die unterschiedliche
politische Standpunkte vertraten. Zuerst war es einhelllige Position der
PLO gewesen, Israel das Existenzrecht abzusprechen. Nur die Palästinenser
sollten nationale Rechte in Palästina haben. Diese Einstellung der
PLO fand ihr exaktes Pendant in der offiziellen Israelischen Politik. Sowohl
die rechte Likud-Partei als auch die Arbeitspartei vertraten ja die einhellige
Auffassung, es könne niemals eine Anerkennung der PLO geben - unter
gar keinen Umständen, auch wenn diese dem Terrorismus abschwören
u. Israel anerkennen sollte -, und schon gar nicht gab es eine Bereitschaft
zur Akzeptanz eines Palästinenserstaats - in welchem Teil der 'Besetzten
Gebiete' auch immer.
1976 hatte sich die PLO soweit dem internationalen
Standpunkt (Konsensus) angenähert, daß sie jetzt bereit war,
eine 'Zwei-Staaten-Lösung' zu akzeptieren.
Auf diesem Hintergrund kam es im Januar 1976 zur
Einbringung einer Resolution in den UN-Sicherheitsrat, die von der PLO,
Syrien, Ägypten, Jordanien u. der Sowjetunion mitgetragen wurde u.
die diesen internationalen Konsensus vortrug. Washington legte sein Veto
ein.19
Das Abkommen von Camp David von 1979 befriedete
zwar die Grenzen zwischen Ägypten u. Israel, verschlechterte hingegen
die Lage der Palästinenser. Und mit Ruhe an seiner Südgrenze
hatte Israel 1982 auch freie Hand für einen Einmarsch in den Libanon
(wo die PLO ja ihr Hauptquartier hatte), und Israel hatte jetzt auch freiere
Hand, die Palästinenser in den 'Besetzten Gebieten' an die Kandarre
zu nehmen.
Frage: Was war die 'erste Intifada'?
Antwort: Wut u. Frustration der Palästinenser
in den 'Besetzten Gebieten' nahmen immer mehr zu - angeheizt durch die
Repression der Israelis, deren Politik der eisernen Faust sowie durch die
alltäglichen Demütigungen, denen sich die P. ausgesetzt sahen.
Auch die Zahl der jüdischen Siedlungen wuchs immer rapider. Im Dezember
1987 probten die Palästinenser im Gazastreifen den Aufstand - 'Intifada'
genannt, u. der Funke sprang rasch auf die West Bank über. Die 'Intifada'
wurde von Leuten vor Ort organisiert und fand massenhaft Unterstützung
in der palästinensischen Bevölkerung. Schußwaffen u. Messer
waren verpönt, und die politische Hauptforderung der 'Intifada' war
die nach einem unabhängigen Palästinenserstaat in Koexistenz
mit Israel.20
Israel antwortete mit unglaublicher Härte
- hunderte Palästinenser wurden getötet. Der damalige Verteidigungsminister
der Arbeitspartei-Regierung, Yitzhak Rabin, drängte seine Israelischen
Soldaten, den palästinensischen Demonstranten die Knochen zu brechen.
PLO-Führer Khalil al-Wazir, der ja noch von Tunis aus (Exil der PLO)
angeraten hatte, (in der 'Intifada') keine Waffen zu benutzen, fiel einem
Attentat zum Opfer - mit Billigung Rabins. Israel ging es nämlich
in erster Linie darum, diejenigen Palästinenser-Führer auszuschalten,
die sich für einen mit Israel in Koexistenz lebenden Palästinenserstaat
einsetzten.21
1989 hatte die anfängliche Disziplin des Aufstands
(Intifada) abgenommen, u. eine beträchtliche Anzahl individueller
Gewalttaten vonseiten der Palästinenser kamen vor. Die Hamas - eine
Organisation, die ursprünglich ja von Israel gefördert worden
war, nämlich als Gegenspieler der PLO 22 -, [Kommentar
von mir: Siehe hierzu auch "Die
USA und Israel haben Terrorgruppe Hamas aufgebaut" ] wurde jetzt
immer einflußreicher. Sie rief zum bewaffneten Kampf auf u. wollte
einen Islamischen Staat errichten - und zwar auf dem gesamten Gebiet Palästinas.
Frage: Was stand in den 'Osloer Verträgen'?
Antwort: Nachdem der Irak in Kuwait einmarschiert
war, hatte Arafat kurzzeitig mit Saddam Hussein 'geflirtet' - was seine
(Arafats) Glaubwürdigkeit entschieden schwächte (aus Gründen
des Opportunismus hatte Saddam Hussein ja versucht, seinen (eventuellen)
Rückzug aus Kuwait an einen Rückzug der Israelis aus den 'Besetzten
Gebieten' zu koppeln). Israel begriff Arafats momentane Schwäche als
gute Gelegenheit: denn, war es nicht besser, mit einem geschwächten
Arafat zu verhandeln, anstatt zusehen zu müssen, wie die Macht der
Hamas immer mehr wuchs? Sollte doch Arafat den Hilfssheriff (für Israel)
spielen u. die aufmüpfigen Palästinenser zur Raison bringen.
Währenddessen konnte Israel in aller Ruhe wichtige Ressourcen unter
seine Kontrolle bringen u. an seinen Siedlungen festhalten.
Das 'Oslo-Abkommen' bestand zum einen aus den 'Briefen
über eine wechsel- seitige Anerkennung' ('Letters of Mutual Recognition')
sowie einer 'Prinzipien- erklärung' ('Declaration of Principles').
In Arafats 'Brief' stand, er anerkenne Israels Existenzrecht, er akzeptiere
bestimmte UN-Resolutionen u. er erkläre einen Verzicht auf den bewaffneten
Kampf und schwöre dem Terrorismus ab. Umgekehrt akzeptierte Israels
Premier Rabin in seinem 'Brief' die PLO als Repräsentantin des Palästinensischen
Volks u. willigte in den Beginn von Friedensverhandlungen mit ihr ein.
Was in Rabins 'Brief' hingegen nicht stand, war eine Anerkennung des Rechts
der Palästinenser auf einen eigenen Staat. Die 'Prinzipienerklärung'
wurde auf dem Rasen des 'Weißen Hauses' unter- zeichnet - und zwar
am 13. September 1993. In ihr erklärt sich Israel bereit, seine Truppen
aus dem Gazastreifen sowie aus der West-Bank-Stadt Jericho abzuziehen.
Diese Gebiete sollten Selbstverwaltungs-Status erhalten - mit Ausnahme
der Israelischen Siedlungen in Gaza. Es sollte zur Installierung einer
'Palästinensischen Autonomiebehörde' (PA) kommen, der eine (Palästinensische)
Polizei unterstellt werden sollte - um nämlich für Ruhe u. Ordnung
in denjenigen Gebieten zu sorgen, aus denen sich die Israelischen Streitkräfte
zurückgezogen haben würden.
Darüber hinaus kam man überein, alle
kritischen Streitpunkte mittels sogenannter 'Endstatus-Gespräche'
im Verlauf der Zeit zu regeln - als da wären: die Jerusalem-Frage,
das Flüchtlingsproblem, die Siedler, die Grenzen. Diese fortdauernden
(Endstatus-)Gespräche sollten drei Jahre nach Abkommensabschluß
gestartet werden.
Als nächstes wurde im September 1995 ein Interims-Abkommen
unterzeichnet - allgemein als 'Oslo II' bekannt. Dieses Abkommen unterteilte
die 'Besetzten Gebiete' in drei Zonen: Gebiet A, Gebiet B u. Gebiet C (das
vierte Gebiet, das Israelisch-besetzte Ost-Jerusalem, fand aber keine Erwähnung).
In Gebiet A sollte die PA Kontrolle in allen zivilen Dingen sowie in Sicherheits-
angelegenheiten erhalten; von Souveränität war jedoch auch hier
nicht die Rede; in Gebiet B sollte die PA lediglich die zivile Macht ausüben,
während die Israelis die Kontrolle über die Sicherheit behielten;
in Gebiet C sollten die Israelis die gesamte Kontrolle behalten (inklusive
Kontrolle über die jüdischen Siedlungen, das Verbindungsstraßen-Netzwerk
sowie über das meiste wertvolle Land bzw. die meisten Wasserressourcen
in der West Bank).
Im März 2000 gehörten 17 Prozent der
West Bank zu Gebiet A; auf diesem Areal lebten die meisten der Palästinenser.
24 Prozent der West Bank gehörten zu Gebiet B, und 59 Prozent der
West Bank gehörten zu Gebiet C.
Im Gazastreifen war die Lage so, daß über
eine Million Palästinenser ganzen 6500 jüdischen Siedlern gegenüberstanden.
Diesen wenigen Siedlern sollten aber stolze 20 Prozent von Gebiet C überlassen
werden.
Fakt war demnach, die Palästinenser hatten
lediglich eine eingeschränkte Autonomie erreicht (nicht Souveränität),
und das auch nur in den äußerst dichtbesiedelten Gebieten des
Gazastreifens sowie in kleinen, nicht aneinander angrenzenden Gebietseinheiten
auf der West Bank (wo 227 separate u. nicht miteinander verbundene Enklaven
existierten).23
Dies bedeutete, die Aufgabe der PA bestand hauptsächlich
darin, die Ordnung über eine verarmte u. zornige palästinensische
Bevölkerung aufrechtzuerhalten.
Frage: Wie reagierte Israel auf die 'Osloer
Verträge'?
Antwort: Wasimmer sich auch die palästinensische
Bevölkerung von Oslo erhofft hat, die meisten Regierenden in Israel
jedenfalls hatten eine sehr eingeschränkte Vorstellung davon, wohin
Oslo führen sollte.
In einer Rede im Oktober 1995 erklärte Yitzhak
Rabin, es werde kein Zurück zu den Vor-1967-Grenzen geben, Jerusalem
werde ungeteilt u. unter ausschließlicher Israelischer Kontrolle
bleiben, und auch die meisten jüdischen Siedlungen müßten
weiterhin im Staate Israel verbleiben. Rabin sagte auch, er wolle, daß
das "Gebilde", das die Palästinenser (irgendwann) bekämen, "weniger
ist als ein Staat".24 Unter Rabin wurde der Siedlungsbau ausgeweitet, außerdem
startete er ein massives Straßenbauprogramm, mittels dessen die jüdischen
Siedlungen untereinander verbunden u. die West Bank zerteilt werden konnte
(diese sogenannten 'By-pass-roads' (Umgehungsstraßen) sind auf konfisziertem
palästinensischem Land gebaut; sie wurden mitfinanziert von den USA
u. dürfen nur u. ausschließlich von Israelis benutzt werden).
1995 wurde Rabin durch einen rechtsgerichteten
Israeli ermordet, sein Nachfolger als Premier war Schimon Peres. Aber Peres,
so schreibt sein Berater Yossi Beilin, hatte einen noch engeren Horizont
als selbst Rabin u. wollte einen zukünftigen Palästinenserstaat
auf den Gazastreifen begrenzt wissen. 25 Yossi Sarid, Chef der gemäßigten
Israelischen Linkspartei Meretz, sagt, Peres Pläne in Bezug auf die
West Bank hätten sich nur "wenig unterschieden" von denen Ariel Scharons.26
Jedenfalls gingen der Siedlungsbau u. der Bau der Umgehungsstraßen
auch unter Peres weiter.
Im Mai 1996 wurde Benjamin Netanjahu vom Likud
- der ja ganz offen gegen das 'Oslo-Abkommen' war -, zu Israels neuem Premier
gewählt. Netanjahu wollte das meiste im Hinblick auf den Israelischen
Truppenabzug aus den 'Besetzten Gebieten' Beschlossene noch einmal verhandelt
wissen; er setzte den Siedlungs- u. den Straßenbau fort, verschärfte
die Politik der Abriegelung der palästinensischen Enklaven u. verweigerte
sich auch dem Start der in Oslo vereinbarten 'Endstatus-Gespräche'.27
1999 wurde Ehud Barak von der Arbeitspartei zum
neuen Israelischen Premierminister gewählt. Auch Barak war ein 'Hardliner',
aber wie er offen zugab, wäre er wohl, falls er als Palästinenser
auf die Welt gekommen wäre, einer terroristischen Organisation beigetreten.28
Seine Absichten waren also unklar. Seine Politik im ersten Jahr war dafür
umso klarer: dasselbe wie gehabt - nur noch mehr davon. So wuchsen unter
Barak die jüdischen Siedlungen (in den 'Besetzten Gebieten') in noch
schnellerem Tempo als unter Netanjahu, bereits beschlossener Truppenabzug
wurde nicht durchgeführt, die Landkonfiszierungen sowie die ökonomische
Abriegelung der Palästinensergebiete gingen immer weiter. Außerdem
sah das für das Jahr 2001 vorgeschlagene Haushaltsbudget der Regierung
Barak eine weitere Erhöhung der Subventionen für die Siedlungen
(in den 'Besetzten Gebieten') vor.29
Frage: Was waren die Folgen von Oslo?
Antwort: Die Israelischen Siedler in der
West Bank u. in Gaza haben seit Oslo (also seit 1993) von 110 000 auf 195
000 zugenommen. Im annektierten Ost-Jerusalem stieg die Zahl der jüdischen
Einwohner von 22 000 auf 170 000.30 Insgesamt wurden 30 neue Siedlungen
errichtet u. mehr als 18 000 Wohneinheiten für jüdische Siedler
gebaut.31 Von 1994 bis 2000 konfiszierte die Israelische Regierung 35 000
Acres (= 86 488 Hektar) Arabischen Lands zum Bau von Straßen u. Siedlungen.32
Die Armut unter den Palästinensern nahm im
selben Zeitraum immer weiter zu - so daß Mitte 2000 (ungefähr)
einer von fünf Palästinensern weniger als $2.10 am Tag zum Leben
hatte.33 Gemäß Zahlen, die die CIA ver- öffentlichte, lag
Ende 2000 die Arbeitslosigkeit (der Palästinenser) bei 40 Prozent.34
Die (verstärkte) Israelische Politik der Abriegelung
führte bei der palästinensischen Bevölkerung zudem zu einem
Weniger an Bewegungsfreiheit (Erschwerung von Reisen zwischen Gaza u. der
West Bank bzw. Ost-Jerusalem sowie zwischen den einzelnen palästinensischen
Enklaven).35
Frage: Was war die Politik der USA während
dieser Periode?
Antwort: Seit mehr als drei Jahrzehnten
sind die USA nunmehr schon wichtigste inter- nationale Schutzmacht Israels.
Und seit 1976 ist Israel zudem Hauptprofiteur der jährlich vergebenen
US-Auslandsbeihilfe ('foreign aid') - respektive dasjenige Land, das seit
dem '2. Weltkrieg ' weltweit insgesamt am stärksten von dieser Unterstützung
profitiert hat.
Und dabei sind noch nicht mal alle speziellen finanziellen
oder militärischen Sonderförderungen mitberücksichtigt -
wie etwa die Unterstützung (von Israelischen Projekten) in Forschung
u. Entwicklung in den USA. Zudem verfügt Israel über keine völlig
autonome Wirtschaft. Vielmehr ist diese abhängig von ausländischen
Zuschüssen und Anleihen.
Während der Oslo-Jahre schoß Washington
Israel jährlich mehr als 3 Milliarden Dollar zu, im Finanzjahr 2000
sogar 4 Milliarden - was, abgesehen von 1979, der insgesamt höchste
Betrag war. Von diesen finanziellen Beihilfen waren seit Oslo jährlich
1,8 Milliarden Militärbeihilfe gewesen. Im Finanzjahr 2000 stieg dieser
Betrag sogar auf 3 Milliarden an - was 2/3 mehr ist als jemals zuvor.36
Auf diplomatischer Ebene nahmen die USA während
dieser Zeit Abstand von verschiedenen Standpunkten, die sie über Jahre
hinweg vertreten hatten. So hatten die USA ja seit dem Jahr 1949 (gemeinsam
mit einer überwältigenden Mehrheit der UN-Vollversammlung) kontinuierlich
für ein Rückkehrrecht der palästinen- sischen Flüchtlinge
gestimmt. 1994 erklärte die Regierung Clinton plötzlich, die
entsprechende Resolution werde von ihr nicht mehr getragen, da die Flüchtlingsfrage
ja Thema der 'Endstatus-Gespräche' sei. Und genauso verhielt es sich
auch mit der Jerusalem-Frage. Bisher hatten die USA im Einklang mit dem
Rest der Welt (und im Einklang mit dem gesunden Menschenverstand nebenbei)
Ost-Jerusalem als besetztes Territorium eingestuft. Nun erklärten
die USA aber plötzlich, der Status Jerusalems solle ebenfalls in den
'Endstatus-Gesprächen' geklärt werden. Insgesamt dreimal - nämlich
in den Jahren '95 bzw. 97 - wollte der UN-Sicherheitsrat Dringlichkeitsbeschlüsse
gegen Israel (wegen dessen Enteignungs- bzw. Siedlungspolitik in Ost-Jerusalem)
auf den Weg bringen - u. jedesmal legten die USA wieder ihr Veto ein.37
Frage: Was geschah in Camp David (2000)?
Antwort: Die sogenannten 'Endstatus-Gespräche'
zwischen Israel u. den Palästinensern, wie in den 'Oslo-Verträgen'
gefordert, fanden schließlich im Juli 2000 in Camp David / USA statt
- und zwar im Beisein von US-Mediatoren.
Allgemein wird ja behauptet, Barak hätte ein
unglaublich großzügiges Angebot unterbreitet, Arafat jedoch
hätte abgelehnt u. sich für Gewalt entschieden. Ein amerikanischer
Teilnehmer an den Gesprächen, Robert Malley, widerspricht dieser Darstellung
entschieden.38
Barak unterbreitete ein Angebot - aber nie schriftlich
u. nie ins Detail gehend; Malley sagt: "Genau genommen gab es eigentlich
überhaupt kein Israelisches Angebot". Jedenfalls, was Barak den Palästinensern
anbot, war Israelisches Land (örtlich nicht festgelegt, u. Israel
sollte die Auswahl treffen dürfen), das einem einzigen Prozent West-Bank-Land
entsprechen sollte. Dieses 1-Prozent-Gebiet sollte Ersatz sein für
9 Prozent West-Bank-Land, auf dem Israel bereits Siedlungen, Militärbasen
u. Straßen errichtet hatte u. dessen Übergabe Barak nun im Gegenzug
forderte. Damit hätte er nämlich eine sehr effektive Zerschneidung
des Palästinensischen Gebiets in verschiedene Areale erreichen können.
Ein wirklich unabhängiger Staat Palästina
wäre auf diese Weise jedenfalls nicht zustandegekommen - lediglich
eine Reihe von 'Bantustans', zumal auch noch das wertvollste Land sowie
die Bewässerungssysteme in Israelischer Hand verblieben wären.
Als nächstes forderte Barak, weitere 10 Prozent
der West Bank sollten unter seiner Kontrolle verbleiben - 'vorübergehend',
wie er sagte (aber wenn man bedenkt, daß es gerade Barak war, der
in mehreren Fällen einen vertraglich zugesagten Truppenabzug nicht
durchgeführt hat, verwundert es nicht, daß die Palästinenser
bei dem Ausdruck 'vorübergehende' Besatzung eher skeptisch reagierten).
Die Behauptung, daß "Israels Angebot den
meisten wenn nicht gar allen berechtigten Palästinensischen Ansprüchen
gerechtgeworden sei, ist lediglich ein Mythos", schreibt Robert Malley
39, und ebenso sei Mythos, daß "die Palästinenser von sich aus
keine Zugeständnisse gemacht" hätten. Einige Israelische Analysten
kommen zu einer ganz ähnlicher Einschätzung. So schreibt etwa
der einflußreiche Israelische Kommentator Ze'ev Schiff:
"Die Palästinenser sahen ihre Aussicht auf
einen lebensfähigen eigenen Staat praktisch vor ihren Augen zerrinnen.
Sie sahen sich mit einer Reihe inakzeptabler Alternativen konfrontiert:
entweder, sie nahmen die immer mehr ausufernde Okkupation hin... oder sie
akzeptierten heruntergekommene 'Bantustans', oder aber sie griffen zum
Mittel des Aufstands".40
Frage: Was löste die 'zweite Intifada'
aus?
Antwort: Am 28. September 2000 führte
der damals noch einfache Knesset-Abgeordnete Ariel Scharon begleitet von
rund tausend Sicherheitspolizisten einen provokativen Besuch auf dem Gelände
der Al Aqsa Moschee durch. Barak hatte dem Besuch ausdrücklich zugestimmt.
Am nächsten Tag schickte Barak erneut eine große Anzahl Polizisten
u. Soldaten auf das Gelände, und als, wie zu Erwarten gewesen war,
ein paar Palästinenser Steine warfen, antwortete die sofort massiv
verstärkte Polizei mit tödlichen Schüssen. Vier Palästinenser
starben, hunderte wurden verletzt. Auf diese Weise begann die 'Zweite Intifada'.
Die tiefere Ursache für den Aufstand liegt
allerdings in einer unglaublich zornigen u. frustrierten palästinensischen
Bevölkerung in den 'Besetzten Gebieten' - Menschen, die mitansehen
mußten, wie unter Oslo nur alles immer schlechter wurde anstatt besser,
deren Hoffnungen am Ende waren, ebenso wie ihre Geduld - nach 33 Jahren
der Besatzung nämlich. Die Stimmung hatte sozusagen ihren Siedepunkt
erreicht.
Frage: Wer ist Ariel Scharon?
Antwort: 1953 war Scharon Kommandant einer
Israelischen Einheit, die im Jordanischen Dorf Qibya rund siebzig Zivilisten
massakrierte. Er war Verteidigungsminister, als Israel 1982 in den Libanon
einmarschierte - wobei 17 000 Zivilisten ihr Leben verloren.
Im September 1982 schlachteten mit Israel verbündete
Libanesische Verbände in den Flüchtlingslagern Sabra u. Schatila
hunderte palästinensischer Nicht- Kombatanten (also Zivilisten) ab
- ein Verbrechen für das Scharon von einer Israelischen Kommission
für 'indirekt verantwortlich' befunden wurde. In seiner Funktion als
Wohnungsbauminister in verschiedenen Israelischen Kabinetts setzte sich
Scharon vehement für den Ausbau der jüdischen Siedlungen in den
'Besetzten Gebieten' ein.
Im Januar 2001 wurde Scharon Premierminister von
Israel.
Frage: Wie antwortete Israel auf diese 'zweite
Intifada'?
Antwort: Die Israelischen Sicherheitskräfte
antworteten auf die palästinensischen Demonstrationen mit scharfer
Munition - und das obwohl, wie eine UN-Untersuchung feststellte, die Israelische
Armee in diesen (ersten) Auseinandersetzungen "keinen einzigen ernsthaft
Verletzten zu beklagen hatte".41 Einige Palästinenser zogen hieraus
die Konsequenzen u. bewaffneten sich - was die Auseinandersetzungen nur
noch blutiger machte. Es kam jetzt auf allen Seiten zu Toten - wobei die
Opferzahl auf Seiten der Palästinenser disproportional hoch war. Im
November 2001 schliefen die Kämpfe eine Woche lang ein. In dieser
Situation ordnete Scharon die Ermordung des Hamas-Führers Mahmoud
Abu Hanoud an - was natürlich ganz erwartungsgemäß zu einer
Serie von Bombenanttentaten führte - die Scharon wiederum als Vorwand
benutzte, um erneut die Palästinensische Autonomiebehörde (Arafats)
anzugreifen.42
Im März 2002 berichtete 'Amnesty International'
von mehr als 1000 getöteten Palästinensern:
"Israelische Sicherheitskräfte haben Palästinenser
ungesetzlicherweise getötet - darunter auch mehr als 200 Kinder -,
indem sie nämlich bewohntes Gebiet mit Granaten angriffen oder bombardierten,
indem sie Leute zufällig oder gezielt erschossen - was vor allem in
Grenz- oder Check- point-Nähe vorkam -, indem sie Exekutionen ohne
Prozeß durchführten oder indem sie Menschen während einer
Demonstration erschossen".43
Andererseits töteten die palästinensischen
Selbstmordattentäter gezielt Zivilisten. Dazu 'Amnesty': "Diese Taten
sind schockierend. Jedoch können sie niemals eine Rechtfertigung darstellen
für die Menschenrechtsverletzungen u. schwerwiegenden Verstöße
gegen die 'Genfer Konvention', wie sie durch die Verantwortlichen auf Israelischer
Seite während der vergangenen 18 Monate an Palästinensern begangen
wurden - und zwar auf einer täglichen, stündlichen, ja minütlichen
Basis. Das Israelische Militär hat fortgesetzt Tötungen durchgeführt,
ohne daß zuvor Gefahr für irgendjemandes Leben bestanden hätte".
Medizinisches Personal wurde angegriffen, Ambulanzen - auch die des 'Roten
Kreuzes' - "wurden auf konstanter Basis beschossen",44
Alle Verletzte durften nicht medizinisch versorgt
werden. Daneben führte Israel gezielte Exekutionen durch (in vielen
Fällen hatten die Opfer höchstwahr- scheinlich etwas mit dem
Terror zu tun, in manchen Fällen aber auch sicher nicht.45n diesen
Hinrichtungen ohne Prozeß ist aber gemein, daß sie von Menschenrechtsorganisationen
(streng) verurteilt wurden).
Die Israelische Regierung kritisierte Arafat u.
behauptete, er würde nicht hart genug gegen die Terroristen durchgreifen.
Gleichzeitig griffen die Israelis jedoch seine Sicherheitskräfte an
- die Arafat ja dringend gebraucht hätte, um 'härter durchzugreifen'.
Arafat selber durfte sein Regierungsgebäude in Ramallah schließlich
gar
nicht mehr verlassen.
Die öffentliche Meinung in Israel polarisierte
sich zusehends. Während hunderte Armeereservisten sich weigerten,
ihren Militärdienst in der West Bank bzw. in Gaza anzutreten (siehe
www.couragetorefuse.org) sind mittlerweile 46 Prozent der jüdischen
Israelis laut Umfragen dafür, alle Palästinenser gewaltsam aus
den 'Besetzten Gebieten' zu vertreiben.46
Frage: Was war die Politik der USA?
Antwort: Die (gewaltige) Unterstützung
der USA für Israel - in militärischer, ökonomischer u. diplomatischer
Hinsicht - hat die Israelische Repression der letzten anderthalb Jahre
überhaupt erst möglich gemacht.
Das meiste militärische Gerät, das Israel
für seine Attacken auf die Palästinenser zum Einsatz brachte,
war entweder direkt 'made in USA' (die F-16s, die Kampfhelikopter, Raketen,
Granatwerfer, die Caterpillar-Bulldozer, die Luftgranaten, die M-40-Abschußvorrichtungen),
oder aber 'made in Israel', wobei das US-Verteidigungsministerium bei Forschung
u. Entwicklung finanziell Pate gestanden hatte (z.B. Merkava-Panzer).
Am 26. März 2001 beriet der UN-Sicherheitsrat
eine Resolution über die mögliche Etablierung einer internationalen
Präsenz in den 'Besetzten Gebieten', um nämlich weiteren Menschenrechtsverletzungen
vorbeugen zu können. Die USA legten ihr Veto ein. Und weil Israel
keinerlei Interesse an einer diplomatischen Einmischung der USA hatte,
tat ihm Washington den Gefallen u. wartete mit der Ernennung u. Entsendung
seines Sondergesandten für die Region, General Zinni, bis November
2001 - zu diesem Zeitpunkt dauerte die 'zweite Intifada' immerhin schon
mehr als ein Jahr an. Viermal hat sich Präsident Bush im Verlauf der
'Intifada' mit Israels Scharon getroffen - kein einziges Mal mit Arafat.
Im Februar 2002 verstieg sich US-Vizepräsident Cheney zu der Aussage:
Israel könne Arafat ruhig "hängen".47
Frage: Und was hat zu dieser gegenwärtigen
Krise geführt?
Antwort: Während das Treffen der 'Arabischen
Liga' stattfand, auf dem für den saudischen Friedensvorschlag geworben
werden sollte (der lautete: Anerkennung Israels gegen dessen kompletten
Rückzug hinter die 1967-Grenzen), kam es in Israel zu einem weiteren
Selbstmordanschlag eines Hamas-Bombers. Scharon, der zweifellos befürchten
mußte, der 'Liga'-Vorschlag würde eine Welle der Zustimmung
auslösen, reagierte auf den neuerlichen Anschlag mit massivster Gewalt
u. ließ seine Armee bis vor Arafats Amtssitz vorrücken. Arafat
wurde gezwungen, sich in ein paar Räumen zu verschanzen. Anschließend
begann eine großangelegte Israelische Invasion sämtlicher größerer
Palästinenserstädte in der West Bank. Viele Palästinenser
wurden getötet, aber weil Reporter (von Israel) nicht ins Kriegsgebiet
vorgelassen wurden, ist die genaue Opferzahl nicht bekannt.
Während der ersten Tage von Scharons Offensive,
hatte es Präsident Bush dezidiert vermieden, die Israelische Aktion
zu kritisieren. Statt dessen zog er lieber über Arafat her. Arafat
- nunmehr auf wenigen Quadratmetern eingeschlossen - hielt er vor, nicht
genug zu unternehmen, um den Terror zu stoppen.
Als aber die Demonstrationen in der Arabischen
Welt - sonderlich im eigentlich pro-amerikanischen Jordanien bzw. Ägypten
- immer mehr zunahmen u. allmäh- lich die gesamte Region zu destabilisieren
drohten, rang sich Bush schließlich doch noch dazu durch, Israel
aufzufordern, sich aus den Palästinensischen Städten zurückzuziehen.
Scharon hatte indes genau registriert, daß die US-"Forderung" nicht
mit Konsequenzandrohungen verknüpft war u. fuhr daher unbeirrt fort
mit seinen Metzeleien.
Frage: Gibt es noch einen Ausweg?
Antwort: Eine Lösung entsprechend dem
internationalen Konsensus - Rückzug Israels aus den 1967 besetzten
Gebieten, Schaffung eines tatsächlich souveränen bzw. lebensfähigen
Palästinenserstaats, bestehend aus der West Bank, dem Gazastreifen
sowie einer Hauptstadt in Ost-Jerusalem - erscheint nach wie vor durchführbar.
Alles was dazu nötig wäre, ist der Wille der USA u. Israels.
Frage: Aber haben die Araber nicht schon
22 Staaten - warum brauchen sie denn jetzt noch einen?
Antwort: Araber ist nicht gleich Araber.
Daß bestimmte Araber ihr Recht auf (nationale) Selbstbestimmung bereits
verwirklichen konnten, bedeutet ja keineswegs, daß man andererseits
den Palästinensern ihre Grundrechte verweigern darf. Und die Tatsache,
daß es in Jordanien viele Palästinenser gibt bzw. daß
die dort lebenden Palästinenser gewissen Einfluß u. Rechte haben,
bedeutet ja auf der anderen Seite noch lange nicht, daß die in Israel
unter Okkupation lebenden Millionen Palästinenser sowie die aus ihrer
Heimat vertriebenen u. in Flüchtlingslagern lebenden P. nicht auch
Rechte zu beanspruchen haben.
Schließlich leben ja auch in den USA viele
Juden u. sind dort mit Einfluß u. Rechten ausgestattet; deswegen
würde aber wohl niemand auf die abstruse Idee kommen, die Israelischen
Juden alle in Richtung USA zu vertreiben.
Frage: Aber kann man wirklich Terroristen
einen Staat geben?
Antwort: Wenn es Völkern, deren Unabhängigkeitsbewegungen
(einst) zum Mittel des Terrorismus gegriffen haben, grundsätzlich
verboten sein sollte, einen Staat zu gründen, wären auch viele
der heutigen Staaten illegitim - nicht zuletzt Israel, dessen (frühere)
Unabhängigkeitsbewegung mitunter ja auch zu terroristischen Mitteln
gegenüber Zivilisten gegriffen hat.
Frage: Aber würde ein unabhängiger
Palästinenserstaat nicht die Sicherheit Israels gefährden?
Antwort: Immer schon haben Eroberer ihre
Eroberungsfeldzüge damit gerechtfertigt, sie seien aus Gründen
der Sicherheitsgewährleistung notwendig. Und mit diesem Argument der
'Sicherheitsinteressen' hat sich auch Israel jahrelang geweigert, den Sinai
an die Ägypter zurückzugeben bzw. später sich aus dem Libanon
zurückzuziehen. Letztendlich wurde aber doch beides realisiert, u.
seither hat sich Israels Sicherheitslage erheblich verbessert anstatt verschlechtert.
Gut möglich, daß das 'Oslo Abkommen' - das der palästinensischen
Verwaltung ja lediglich voneinander abgetrennte Territorien unterstellte
-, den Israelis nicht gerade ein Mehr an Sicherheit eingebracht hat. Aber
wie selbst Schimon Peres, einer der Architekten des Abkommens u. derzeitiger
Außenminister der Regierung Scharon, zugeben mußte, steckte
in Oslo von Anfang an der Wurm drin: "Heute wissen wir, daß eine
(derartige) Autonomie die Palästinenser nur in eine noch schlechtere
Lage bringt". Die 'zweite Intifada' wäre zu vermeiden gewesen, so
Peres weiter - nämlich wenn die Palästinenser gleich zu Beginn
ihren eigenen Staat bekommen hätten: "Schließlich können
wir nicht ständig dreieinhalb Millionen Palästinenser unter Belagerung
halten - ohne Einkommen, unterdrückt, arm, dichtgedrängt u. halbverhungert".48
Israel ist die einzige Atommacht in der Region.
Daneben ist es die stärkste Militärmacht in ganz Nahost. Warum
also sollte es ein derartiger Staat nötig haben - aus Gründen
der Sicherheit zumindest - benachbartes Territorium besetzt zu halten?
Im Grunde ist es doch genau umgekehrt: nichts würde dem Israelischen
Volk mehr Chancen auf Frieden u. Sicherheit bescheren als ein Rückzug
aus den 'Besetzten Gebieten'.
Frage: Ist die Forderung der Palästinenser
nach einem 'Rückkehrrecht' (der palästinensischen Flüchtlinge)
nicht lediglich ein Trick, um Israel vernichten zu können?
Antwort: Dafür zu plädieren, Menschen,
die aus ihren Häusern vertrieben worden sind, ein Recht auf Rückkehr
zu gewähren, kann man wohl kaum als überzogene Forderung bezeichnen.
Natürlich kann dies andererseits wiederum
nicht bedeuten, daß diejenigen Menschen, die jetzt schon jahrelang
in diesen Häusern leben, wieder daraus vertrieben werden dürfen.
Entsprechende Planungen müßten daher mit großer Sorgfalt
durchgeführt werden. Auch stimmen Palästinensische Offizielle
u. die Mitglieder der 'Arabischen Liga' überein, daß das 'Recht
auf Rückkehr' in einer Weise verwirklicht werden sollte, die keine
demographischen Probleme für Israel aufwirft.49
Natürlich könnte noch die Frage erhoben
werden, ob ein offizieller 'jüdischer Staat' denn nicht grundsätzlich
ein Problem darstellt - schon allein aus ganz basalen Gründen der
Demokratie. (Warum sollte etwa ein Jude aus Brooklyn das Recht auf 'Heimkehr'
nach Israel haben u. ein Palästinenser aus Haifa, der dort geboren
ist, nicht?) Aber so wie die Dinge liegen, haben weder Arafat noch die
'Arabische Liga' diesbezüglich Einwände.50
Frage: Aber sähen die Palästinenser
einen eigenen Staat nicht nur als ersten Schritt an, Israel endgültig
auszulöschen?
Antwort: Die Hamas u. einige weitere kleinere
palästinensische Gruppierungen sind nicht nur gegen die Besatzung,
sondern sprechen Israel grundsätzlich sein Existenzrecht ab. Aber
die Haltung von Hamas u. ähnlicher Kreise stellt innerhalb der palästinensischen
Bevölkerung eine ausgesprochene Minoritätshaltung dar. Die palästinensische
Bevölkerung im großen u. ganzen ist nämlich säkular
eingestellt u. favorisiert eine 'Zwei-Staaten-Lösung'. Die Lage ist
ja die: erst als es der Palästinensischen Regierung (PA) nicht machbar
war, ihren Bürgern zu mehr Wohlstand zu verhelfen, erhielt die Hamas
großen Zulauf u. wurde stark. Wenn es hingegen zu einem wirklichen
unabhängigen Palästinenserstaat käme, würde die Hamas
sicherlich nicht mehr viele Freiwillige für ihre Selbstmordanschläge
finden. Aber andererseits wiederum steht fest: je länger der wechselseitige
Terror noch anhält, desto schwieriger wird es, einen langfristigen
Frieden zu erreichen.
Frage: Aber ist eine Zwei-Staaten-Lösung
denn auch gerecht?
Antwort:Es gibt, wie gesagt, einen breiten
internationalen Konsens darüber, eine derartige Zwei-Staaten-Lösung,
im Sinne des Saudischen Friedensplans, zu verwirklichen.
Natürlich ist auch eine solche Regelung alles
andere als ideal. Letztendlich ist Palästina nämlich sehr klein,
um in zwei Staaten aufgeteilt zu werden. Zudem formt das Gebiet quasi eine
natürliche ökonomische Einheit. Davon abgesehen aber stellen
ein Staat Israel einerseits - der alle anderen außer den Juden diskriminiert
- u. ein Staat Palästina, der sehr wahrscheinlich auch diskriminierend
sein wird, nur eben in die andere Richtung, eine alles andere als ideale
Lösung
dar.
Wirklich wünschenswert wäre hingegen
ein einziger einheitlicher Staat auf säkularer Basis - ein Staat,
der beiden nationalen Gruppen (Juden wie Palästinensern) substantielle
Autonomierechte einräumte. Womit wir wieder beim Modell eines bi-nationalen
Staats - so wie er vor 1948 diskutiert wurde -, wären. Aber im Moment
jedenfalls wäre ein solches Modell wohl noch verfrüht. So wie's
aussieht stellt demnach also eine Zwei-Staaten-Regelung die Art von Übergangslösung
dar, die ein Minimum an Gerechtigkeit garantieren kann und die es Juden
u. Palästinensern ermöglicht, einen friedvollen Weg in eine hoffentlich
gerechtere Zukunft zu beschreiten.